Region Lothringen (Lorraine), Departement Meurthe-et-Moselle
Der Ort
Gemeinde von 1600 Einwohner/innen nahe der Grenze zu Luxemburg im Nordosten des Departements, von der Erz- und Stahlkrise schwer getroffen. Von Nancy 110 km (A 31 →Metz/Luxemburg, A 30/N 52 →Longwy bis Ausfahrt 8 →Villerupt, weiter auf D 26 C/D 26 →Thil); von Saarbrücken 118 km (BAB 6/in F: A 320 und A 4 →Metz/Paris, auf A 31/A30/N 52 →Thionville/Longwy bis Ausfahrt 8 →Villerupt, weiter auf D 26 C/D 26 →Thil).
Die Ereignisse
Konzentrationslager Thil
Hier bestand für einige Monate das einzige deutsche KZ auf französischem, nicht annektierten Boden: das Camp de Thil / KZ Außenlager Thil / Kommando Erz, war ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof im Elsass. Nach der Bombardierung des Wehrmachts-Raketenwerks in Peenemünde stieß man bei der fieberhaften Suche nach Untertagefertigung u.a. auf die stillgelegte Eisenerzgrube Tiercelet in Thil. Ende 1943 begannen Zwangsarbeiter der Organisation Todt (OT) – Polen, Russen, Ungarn, Franzosen, Italiener, Luxemburger – mit dem Ausbau der Erzmine. Hier sollten u.a. Raketenteile für die V 1 und V 2 durch das Volkswagenwerk (über die von F. Porsche und A. Piëch gegründete „Minette GmbH“) hergestellt werden.
Untertagefertigung von Raketen
Im Juni 1944 führten 500 jüdische KZ-Häftlinge aus Auschwitz u.a. Transport- und Montagearbeiten durch. 300 jüdische Häftlinge aus dem KZ Neuengamme – im VW/DAF-Werk Fallersleben angelernte Facharbeiter – kamen in die Produktion. Wegen der rasch vorrückenden Alliierten wurden offenbar keine Teile mehr fertiggestellt. Am 1. September wurden zunächst 557 Männer nach Kochendorf am Neckar (Untertagewerk für Flugzeugmotoren) abtransportiert, einige Tage später die 300 Fachkräfte, die dann im KZ Mittelbau-Dora V-2-Raketen fertigen mussten. Am 4. September 1944 wurde das KZ evakuiert. Kurz darauf trafen die US-Truppen ein. Sie wussten von der Existenz eines Arbeitslagers, aber nichts von einem Konzentrationslager. Sie rissen die Baracken ab, es blieben kaum sichtbare Spuren.
Bedingungen der Zwangsarbeit
Der beim KZ-Natzweiler-Struthof angemeldete Gesamtbedarf an Arbeitern betrug 3.500, fast 2.000 sollen von dort für Thil annonciert worden sein. Manche Quellen gehen von einer durchschnittlichen Belegung von 800 Personen aus. Allen drohte „die Vernichtung durch Arbeit oder durch Nahrungsmangel“ (so die Gemeinde Thil zum 50. Jahrestag der Befreiung). Die Arbeitsbedingungen waren fürchterlich. Nicht geklärt ist die Zahl der Umgekommenen, waren es hunderte oder tausend? Die Lagerleitung hatte sich als Krematorium einen Verbrennungsofen aus dem Schlachthof besorgt. Die Einwohner des Dorfes sahen die lebenden Leichname auf dem Weg von und zur Arbeit und nahmen den Pestilenzgestank von verbrannten Leichen wahr.