Anton SchmidAnton Schmid wurde am 9. Januar 1900 in Wien als Sohn eines Postbeamten geboren. Er erlernte den Beruf des Elektrotechnikers und betrieb ab 1928 zusammen mit seiner Frau ein Radiogeschäft in Wien. Bereits nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 verhalf der gläubige Katholik einigen jüdischen Bekannten zur Emigration. Nach Kriegsbeginn 1939 wurde Schmid zur Wehrmacht eingezogen und diente zunächst bei den deutschen Besatzungstruppen in Polen, bis er 1941 – zum Feldwebel befördert – als Leiter der Versprengten-Sammelstelle nach Vilnius abkommandiert wurde. Seine Einheit befand sich in einem Gebäude in der Nähe des Bahnhofs und betrieb im Keller eine Metall-, eine Polster- und eine Schneiderwerkstatt, wo jüdische und nichtjüdische Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Dort erfuhr er von den Deportations- und Vernichtungsaktionen gegen die jüdische Bevölkerung. In seinem nach seiner Verurteilung geschriebenen Abschiedsbrief an seine Frau und Tochter schreibt er: „Hier waren sehr viele Juden, die ... zusammengetrieben und auf einer Wiese außerhalb der Stadt erschossen wurden, immer so 2000 – 3000 Menschen. Die Kinder haben sie auf dem Wege gleich an die Bäume angeschlagen. ... Du weißt ja, wie mir ist, mit meinem weichen Herzen. Ich konnte nicht denken, und half ..., was schlecht war, von Gerichts wegen“ (Lustiger 2003).

Zunächst begann er, großzügig gelbe Arbeitsscheine für Juden auszustellen, die diese als scheinbar unabkömmliche Facharbeiter in den Werkstätten der Sammelstelle vor Razzien schützten. Es gelang ihm, die Entlassung von Juden aus dem Lukiškės-Gefängnis zu erreichen, weil sie angeblich dringend in seiner Einheit gebraucht wurden. Einigen verhalf er durch die Beschaffung „arischer“ Papiere zu einer neuen Identität. Im Herbst 1941 nahm die Widerstandsbewegung im Wilnaer Ghetto Kontakt zu ihm auf und Schmid, der in seiner Funktion auch über Lastwagen und die Befugnis für Transporte verfügte, half, Lebensmittel in das Ghetto zu schmuggeln (ob er auch half, Personen aus dem Ghetto zu schmuggelte, ist ungewiss). Gewiss ist, dass er Juden in Gebäuden versteckte, für die er verantwortlich war und warnte, wenn er im voraus von „Aktionen“ erfuhr. In Lastwagen brachte er mehrere hundert Juden nach Weißrussland, wo sie damals noch Arbeit in Fabriken finden konnten.

Ende 1941 begannen die jüdischen Pioniergruppen von Vilnius, Mitglieder u.a. nach Warschau und Białystok zu schicken, um von den Massakern in Paneriai zu berichten und beim Aufbau bewaffneter Widerstandszellen behilflich zu sein. Schmid transportierte Mitglieder dieser Gruppen nach Białystok, Lida und Grodno. Im Januar 1942 wurden die deutschen Besatzungsbehörden auf Schmids Aktivitäten aufmerksam. Nachdem bei einer Hausdurchsuchung Anfang Februar Bargeld und gefälschte Ausweise gefunden wurden, wurde er verhaftet. Anton Schmid wurde am 25. Februar 1942 vom Kriegsgericht der Feldkommandantur Vilnius wegen Hochverrats und Judenrettung zum Tode verurteilt und am 13. April erschossen. Bereits 1956 veröffentlichte Léon Poliakov einen Bericht über Anton Schmid; er beginnt mit folgenden Worten: "Hier sei von einem Deutschen die Rede ..., der sich aufopferte, um Wilnas Juden den Händen der Mörder zu entreißen. Er bezahlte es mit seinem Leben. Gedenken wir seiner in Dankbarkeit." 1967 wurde er posthum zum „Gerechten unter den Völkern“ erklärt. Seit 2000 trägt eine Bundeswehrkaserne seinen Namen.


Literatur / Medien
Ainsztein, Reuben: Jüdischer Widerstand im deutschbesetzten Osteuropa während des Zweiten Weltkrieges, Oldenburg 1993, S. 244f.; Dieckmann 2011, Bd. 2, S. 1201f.; Lustiger, Arno: Rettungswiderstand. Über die Judenretter in Europa während der NS-Zeit, Göttingen 2011; Ders.: Feldwebel Anton Schmid. Judenretter in Wilna 1941–1942, in: Wette, Wolfram (Hg.): Retter in Uniform. Handlungsspielräume im Vernichtungskrieg der Wehrmacht, Frankfurt/M. 2003, S. 45–67 (Zitat S. 62); Poliakov, Léon: Das Epos vom Feldwebel Anton Schmidt, in: Ders, / Wulf, Josef: Das Dritte Reich und seine Diener, Berlin, 1956, S. 523 - 528 (Zitat, S. 523); Wette, Wolfram: Feldwebel Anton Schmid: Ein Held der Humanität, Frankfurt/M. 2013;  S. 124ff.