Region Centre-Val de Loire, Departement Loiret 

Der Ort
Kleinstadt, 2000 Einwohner/innen, ca. 100 km südlich von Paris: A 6 →Lyon, sortie/Ausfahrt 16, D 403/D 975 →Bellegarde, D 9 →Beaune; von Orléans: N 60 →Bellegarde, D 975/950 →Pithiviers. Im Ort befand sich ein Internierungs- und Deportationslager für Juden

Haupt-Lagerstraße, Internierte; Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-250-0939-10A / Dieck / CC-BY-SA 3.0

Die Ereignisse
In die im Herbst 1939 hastig aufgebauten Baracken brachte die Wehrmacht im Sommer 1940 zunächst französische Kriegsgefangene.

Zwischen 1941 und 1943 wurde es wieder von der französischen (Vichy-)Regierung, und zwar als Internierungslager für Juden genutzt. Es hatte 14 Baracken, war von Stacheldraht umgeben und wurden von französischen Gendarmen bewacht. Die beiden Lager des Loiret, Beaune-la-Rolande und Pithiviers, entwickelten sich zu einer Drehscheibe für die Deportation und Ermordung von tausenden jüdischen Männern, Frauen und Kindern in den Vernichtungslagern. Nur ganz wenige überlebten.

Im August 1943 wurde das Lager von Alois Brunner geschlossen, die letzten 464 Internierten wurden in das Lager Drancy gebracht.

Razzia am 14. Mai 1941 
Am 14. Mai 1941 wurden etwa 2000 jüdische Männer in das Lager Beaune-la-Rolande eingeliefert, weitere ca. 1700 in das Internierungslager Pithiviers. Die ausländischen, meist polnischen Männer, waren auf Anweisung der Deutschen in Paris festgenommen worden, als sie sich nach einer entsprechenden Aufforderung „zur Überprüfung ihrer Situation“ bei frz. Stellen in Paris gemeldet hatten (sog. Rafle du billet vert; vgl. Klarsfeld, a.a.O., S. 24ff.; fr.wikipedia.org/wiki/Rafle_du_billet_vert). Die Vorladungen waren auf der Basis einer 'Judenkartei' erstellt worden. Diese beruhte auf der Auswertung der 'Judenzählung', die im Oktober 1940 auf Verlangen der deutschen Militärverwaltung in der besetzten Nordzone stattgefunden hatte. Etwa die Hälfte der Vorgeladenen hatten ihr Folge geleistet, in der irrigen Annahme, es handele sich nur um eine Formalität.

Vel d'Hiv-Razzia; Quelle: http://eajc.org/page32/news31827.htmlVel d'Hiv-Razzia am 16./17. Juli 1942 
Die nächste größere Zahl von Internierten gehörte zu den ca.13000 bei der Razzia am 16./17.Juli 1942 in Paris und Umgebung verhafteten jüdischen Menschen (vgl. Klarsfeld, a.a.O., S. 118ff.; Paris 15°, Vel d’Hiv-Razzia). Sie wurden wenige Tage später in die Lager Drancy, Pithiviers und Beaune-la-Rolande transportiert. Darunter waren auch etwa 1500 Kinder, die in der Razzia des Vel d’Hiv in Paris gefangen worden waren. Die „Aktion“ stand im Zeichen der beginnenden „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich). 

 

Beaune-la-Rolande DenkmalDeportationen
Am 28. Juni, 5. und 8. August sowie am 23. September 1941 wurden 2773 jüdische Männer und Frauen entweder direkt oder über das Durchgangslager Drancy bei Paris in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Dabei spielten sich herzzerreißende Szenen ab, weil die Kinder von ihren Eltern getrennt wurden und allein zurückblieben (Hintergrund: Die Deutschen und Vichy-Frankreich hatten sich noch nicht geeinigt, ob auch jüdische Kinder deportiert werden sollten). 


Trennung der Kinder von den Eltern und Deportation

Tafeln zu Ehren der in Beaune und Pithiviers internierten und von dort deportierten Kinder„Wir fuhren [vom Vel d'Hiv] nach Beaune-la-Rolande. Wir waren zufrieden, weil wir dachten, es wird besser. Es gab Wachtürme und wir schliefen auf Stroh, aber solange meine Mutter bei mir war, war ich nicht beunruhigt. Aber dann hat man uns voneinander getrennt. Wir Kinder klammerten uns an unsere Mütter und die Gendarmen schlugen uns. Plötzlich war es ganz still, die Frauen auf der einen, die Kinder auf der anderen Seite. Ich sehe meine Mutter, ihre Augen lächelten uns zu und sagten uns Lebewohl, wie wenn sie uns bestärken wollte. Wir blieben alleine zurück und plötzlich wurde das Lager ganz groß“ (die damals neunjährige Annette Muller über den 6. August 1942 im Lager Beaune-la-Rolande, La Nouvelle République vom 31. Januar 2005).

Am 13. August gab das RSHA in Berlin grünes Licht für die Deportation der Kinder, aber „Geschlossene Kindertransporte sind jedoch keinesfalls auf den Weg zu bringen“ (vgl. Klarsfeld, a.a.O., S. 433f.). Die Kinder wurden zwischen dem 17. und 28. August 1942 zunächst in das Internierungslager Drancy bei Paris transportiert. Dort wurden sie auf Transporte von Erwachsenen aufgeteilt und in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Keines der Kinder überlebte.
Als die Kinder am 17. August 1942 vom Lager zum Bahnhof gingen, sangen sie; man hatte ihnen gesagt, dass sie zurück zu ihren Eltern führen. Annette Muller erinnert sich: „Wir gingen zu Fuß, sehr früh morgens. Wir haben tatsächlich gedacht, dass wir zurück nach Paris fahren und unsere Familie wieder treffen.“

Auflösung des Internierungslagers
Im Juli 1943 verfügte Alois Brunner die Schließung des Internierungslagers. Der letzte Deportationstransport verließ das Lager im September 1943. Es wurde ein Lager für politische Gefangene. 

Gedenken
Gedenkanlage mit NamenstafelnEin Denkmal von 1990 an der Rue des Déportés erinnert an das Lager und die Opfer.
Text: Dieser Stein möge Zeugnis ablegen über das Leiden der Menschen bezeugen.
2012 wurde die Gedenkanlage um Stelltafeln erweitert. Sie nennen für alle Internierten Name und Vornamen, Alter, letzter Wohnort, Datum der Festnahme und der Deportation (5 Rue des Déportés). Hier finden jeweils Mitte Juli eine Zeremonie am Gedenktag zu Ehren der Opfer rassistischer und antisemitischer Verfolgungen statt.
Die Orte Beaune-la-Rolande, Jargeau und Pithiviers sind – neben anderen – Träger des CERCIL in Orléans, das die Geschichte und die Erinnerung an die Menschen in den Internierungslager im Loiret sowie die Verbrechen der Nazis und der Kollaborateure des Vichy-Regimes pflegt. Vor dem CERCIL-Musée in Orléans ist eine wieder hergestellte Baracke aus dem Lager Beaune zu sehen. Die Dauerausstellung ist den Kindern der Razzia des Vel d'Hiv gewidmet. 

Literatur/Medien
Klarsfeld, Serge: Vichy-Auschwitz. Die Zusammenarbeit der deutschen und französischen Behörden bei der „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich, Nördlingen 1989, S. 429ff.
CDJC: L'internement des Juifs sous Vichy, Paris 1996, S. 36ff.
Muller, Annette u. Manek: La petite fille du Vel d’Hiv. Du camp d’internement de Beaune-la-Rolande 1942 à la maison d’enfants du Mans 1947, Paris 2010
Petit futé. Guide des lieux de mémoire, Paris 2005, S. 71ff.; Ausgabe 2012/13, S. 53f.
http://db.yadvashem.org/deportation/transportDetails.html?language=de&itemId=11143926
https://fr.wikipedia.org/wiki/Beaune-la-Rolande_(camp_de_transit)