Ernst Dunker arbeitete ab 1932 in der internationalen Hotellerie und sprach englisch, französisch und italienisch. Nach kurzem Kriegseinsatz in Frankreich wurde er im März 1943 mit dem Grad eines SS-Obersturmführers zur SiPo-SD nach Marseille geschickt, in die Abt. 4 E Gegenspionage. Sitz war das Gestapo-Hauptquartier (mit Folterkeller, Gefängnis) in der Rue du Paradis Nr. 425. Für den Kampf gegen die Résistance standen ihm 69 Männer zur Verfügung, darunter zehn Franzosen. Obwohl er nach eigenen Angaben nicht über Erschießungen und Deportationen entscheiden konnte, sind aufgrund seiner Tätigkeit hunderte von Widerstandskämpfer/innen erschossen oder deportiert worden, wie aus seinen Berichten hervorgeht.

Sein "Rapport Flora" vom 19. Juli 1943 enthält die Namen von 240 Widerstandskämpfer/innen; u.a. die sämtlicher Leitungspersonen der MUR-Vereinte Widerstandsbewegungen in Marseille, Toulon und Nizza sowie Beschreibungen bekannter Résistants wie Berty Albrecht, Raymond Aubrac, René Hardy, General Délestraint, Jean Pierre Levy, Henri Frenay und Jean Moulin. Sie wurden verhaftet, erschossen, deportiert, der italienischen Geheimpolizei OVRA oder der französischen Polizei übergeben. Das war möglich u.a. durch die Angaben von fünf nach ihrer Verhaftung "umgedrehten" Résistants, die als Spitzel für Dunker arbeiteten.

Die "Rapports Cattilina und Antoine" vom 7. Juli und 11. August 1944 zählen die Verhaftungen auf, die aufgrund der Angaben eines Doppelagenten möglich wurden - einem französischen Offizier, der nach Südfrankreich entsandt worden war, um die Masquisards auszubilden und die Résistance zu koordinieren. In Oraison wurde im Juli 1944 die gesamte Führungsspitze der CDL des Departements Basses-Alpes (heute: Alpes-de-Haute-Provence) verhaftet und wenige Tage später in Signes (Var) erschossen. Von weiteren 24 Personen wurden 17 erschossen und vier deportiert. Etwa 80 Maquisards wurden bei Angriffen auf ihre Maquis-Lager getötet.

Dunker setzte sich im August 1944 nach Deutschland ab. Er kehrte, wohl weil er sich sicher fühlte, nach Frankreich zurück und wurde am 25. Mai 1945 verhaftet. Das Militärgericht in Lyon verurteilte ihn wegen Kriegsverbrechen am 21. Januar 1947 zum Tode; er wurde am 6. Juni 1950 in Marseille hingerichtet.

Sein Vorgesetzter, der Chef der SiPo-SD in Marseille, SS-Obersturmbannführer Rolf Mühler, wurde vom Militärgericht in Lyon 1955 zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, aber schon 1956 aus der Haft entlassen. In Deutschland erhielt er Kriegsheimkehrerentschädigung; er wurde strafrechtlich verfolgt, aber ohne Folgen. Er starbt 1967.

Literatur/Medien 

Balique, Nicolas/Biaggi, Vladimir: Ernst Dunker et la Gestapo de Marseille, Paris 2016
Dictionnaire historique de la Résistance, Paris 2006, S. 771f.
Brunner, Bernhard: Der Frankreich-Komplex, Frankfurt/M. 2007, S. 100, 166 (zu Rolf Mühler)
Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/M. 2003, S. 418 (zu Mühler)
https://fr.wikipedia.org/wiki/Ernst_Dunker
https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_M%C3%Bchler