Bezirk Klaipėda
Der Ort
Gargždai, eine Kleinstadt mit ca. 15.021 Einwohnern (2011), liegt in der Nähe der Bezirkshauptstadt Klaipėda. Im ehemaligen ostpreußisch-litauischen Grenzgebiet lag Gargždai auf litauischer Seite unmittelbar an der Grenze. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte Gargždai eine deutsch-litauisch gemischte Bevölkerung. 1939 lebten in der Stadt rund 700 Juden, die etwa ein Viertel der Stadtbevölkerung ausmachten und eine bedeutende Rolle für die Wirtschaft der Stadt und der Region spielten. Gargždai liegt am linken Ufer der Minija und ist von Klaipėda aus auf der A1 Richtung Kaunas in ca. 20 Minuten erreichbar.
Die Ereignisse
Am 24. Juni 1941 wurde in Gargždai (frühere deutsche Bezeichnung: Garsden) die erste Massenerschießung von Zivilisten auf dem Gebiet Litauens verübt. Die Wehrmacht hatte am 22. Juni 1941 die Stadt nach schweren Kämpfen eingenommen. Bei der hartnäckigen Verteidigung der Stadt durch sowjetische Grenztruppen wurden zahlreiche deutsche Soldaten getötet.

Die ca. 250 bis 300 jüdischen Frauen und Kinder von Gargždai waren, wie die Männer am 24. Juni 1941, von derselben Einsatzgruppe zusammengetrieben und in einem Ghetto außerhalb von Gargždai bis September gefangen gehalten worden. Mitte September wurden 100 junge Frauen unter dem Vorwand eines Arbeitseinsatzes in Plungė „aussortiert“ und im Wald von Vėžaitinė (ca. 11km von Gargždai in Richtung Kuliai entfernt) erschossen. Eine Woche später wurden die übrig gebliebenen Frauen und Kinder ebenfalls im Wald von Vėžaitinė ermordet.
Eine von den Sowjetbehörden 1945 eingesetzte Kommission zur Aufarbeitung von Naziverbrechen in Kretinga gab die Zahl der Opfer aus Gargždai mit insgesamt 751 Ermordeten an.
Gedenken
An die Opfer von Gargždai erinnern drei Gedenkorte.
Gedenkort I:
Der Gedenkort für die 201 Opfer vom 24. Juni 1941 befindet sich im Zentrum der Stadt. Das Mahnmal steht in einem kleinen Park, der sich an die Wohnanlage in der Klaipėdos-Straße Nr. 28 anschließt. Es trägt folgende Inschrift (in Jiddisch und Litauisch): „Im Juli 1941 töteten an diesem Platz Hitlers Mörder hunderte Juden von Gargždai und seiner Umgebung.“
55.71197306 21.38772306 / 55°42.7184'N 21°23.2634'E

Gedenkort II
An die ermordeten Frauen und Kinder aus Gargždai erinnern zwei Gedenkorte im Wald bei Vėžaičiai: Gedenkort II für die 100 „ausgesonderten“ Frauen und der ca. 1,2km nördlich davon liegende Gedenkort III für die große Gruppe der Frauen und Kinder.

Auf dem Gedenkstein ist zu lesen: „Vorübergehender, erinnere Dich an die Opfer von 1941, die unschuldigen Kinder, Mütter und Großeltern, die von Hitlers Schergen ermordet wurden, nur weil sie Juden waren“ (in Litauisch und Hebräisch).
55.744333 21.531367 / 55°44.65998′N 21°31.88202′E
Gedenkort III



55.754567 21.545117 / 55°45.27402′N 21°32.70702′E
Auf dem zweiten Gedenkstein, den man über eine Treppe hinunter erreicht, steht: „Vorübergehender, erinnere Dich an die Opfer von 1941, die unschuldigen Kinder, Mütter und Großeltern, die von Hitlers Schergen ermordet wurden, nur weil sie Juden waren“ (in Litauisch und Hebräisch).
Literatur / Medien
Bubnys, Arūnas: Holocaust in Lithuanian Province in 1941, 2003, S. 1-75 (hier S. 40-43), (abrufbar unter http://www.docscopic.pdf); Dieckmann 2011, Bd. 1, S, 381ff.; Friedländer, Saul: Die Jahre der Vernichtung. Das Dritte Reich und die Juden, München 2006, S. 247ff.; Holocaust Atlas 2011, S. 78-83; Kwiet Konrad: Rehearsing for Murder: The Beginning of the Final Solution in Lithuania in June 1941 (abrufbar unter http://holocaustinthebaltics/Konrad-Kwiet.pdf); Pätzold, Kurt: "Einsatzgruppe Tilsit" in: Junge Welt vom 25. Juni 2011 (http://www.ag-friedensforschung.de); Tauber, Joachim: "Garsden, 24. Juni 1941", in: Annaberger Annalen 5/1997, S. 117-134 (http://www.annaberger-annalen.de/pdf).
http://www.holocaustatlas_Gargždai_Gedenkort I
http://www.holocaustatlas_Vėžaitinė forest_Gedenkort II
http://www.holocaustatlas_Vėžaitinė forest_Gedenkort III
http://kehilalinks.jewishgen.org/Gargzdai/holocau.html (John S. Jaffer: Gargždai and the Holocaust)
http://defendinghistory.com (Joseph Levinson: Awakening Everyone's Conscience, 2001)
http://www.jewishgen.org/Yizkor/Pinkas_lita/lit_00187.html (Raphael Julius: Gorzd/Gargzdai, 1996)
http://wiki-de.genealogy.net/Garsden
https://www.memorialmuseums.org
http://kehilalinks.jewishgen.org/report (Stapo-Stelle Tilsit meldet dem RSHA am 1. Juli 1941 von ihr durchgeführte Massaker im Memelgebiet)
Fotos
Gedenkort II: Lithuanian Holocaust Atlas, Item 171 ("Mass Murder of the Jewish Women and Children of Gargždai.")
Gedenkort III: Kultūros Vertybių Registras, Unique object code 10971 (J. Paunksnienė, S. Šmatauskienė)