Hinrich Lohse (Kluvik Archives)Lohse, am 02.09.1896 in Mühlenbarbek/Schleswig-Holstein geboren, von Beruf Bankkaufmann und zuletzt SA-Obergruppenführer, trat bereits 1923 in die NSDAP ein. Er war von 1925 bis 1945 Gauleiter in Schleswig-Holstein. Auf Vorschlag seines Freundes, des NS-Ideologen und frisch ernannten „Ministers für die besetzten Ostgebiete“ Rosenberg, war Hinrich Lohse im Juli 1941 von Hitler zusätzlich mit dem Amt des Reichskommissars im besetzten „Ostland“ (RKO) betraut worden. Er war somit der höchste Verwaltungschef der Zivilverwaltung in den seit dem Überfall auf die Sowjetunion besetzten baltischen Ländern und Weißrussland. Als Reichskommissar war Lohse Träger der Hoheitsgewalt der deutschen Besatzung für alle Arbeitsbereiche einschließlich der Wirtschaftsverwaltung im Interesse der Besatzungsmacht. Das RKO mit Sitz in Riga war dem Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMO) in Berlin unmittelbar unterstellt. Dem RKO nachgeordnet waren die vier Generalkommissariate Estland, Lettland, Litauen und ‚Weißruthenien‘ (Weißrussland) – Lohse war somit Vorgesetzter u.a. von Adrian T. von Renteln, dem Generalkommissar für Litauen.

Hinrich Lohse gehörte zu den Hauptverantwortlichen für die Verbrechen unter dem deutschen Besatzungsregime in den genannten Ländern, insbesondere für den Genozid an der jüdischen Bevölkerung; auch in die Organisation des Massenmordes an den aus Deutschland und Österreich vor allem nach Riga deportierten Juden war er einbezogen (Holocaust in Litauen, Völkermord). Lohse nutzte seine Befehlsgewalt zur luxuriösen Ausstattung seines Dienstsitzes in Riga und war für die Beraubung der im RKO-Bereich lebenden, am Ende umgebrachten Juden mitverantwortlich. Die „Vorläufigen Richtlinien für die Behandlung der Juden im RKO“ vom 13. August 1941 tragen seine Unterschrift. 1948 wurde er in einem Entnazifizierungsverfahren zu 10 Jahren Haft verurteilt, 1951 jedoch wegen Krankheit vorzeitig entlassen. Gerichtlich wurde er für seine Verbrechen nicht zur Rechenschaft gezogen. Lohse starb am 25. Februar 1964 in seinem Geburtsort Mühlenbarbek.


Literatur/Medien
Benz, Wolfgang: Einsatz im "Reichskommissariat Ostland". Dokumente zum Völkermord im Baltikum und in Weißrussland 1941–1944, Berlin 1998; Danker, Uwe: Die drei Leben des Hinrich Lohse, in: Demokratische Geschichte 1998/11, S. 105–114; Ders.: Der Judenmord im Reichskommissariat Ostland. Referat anlässlich der Ausstellung Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht am 9. Februar 1999 im Kieler Landeshaus unter http://www.gegenwind.info; Ders.: Oberpräsident und NSDAP-Gauleitung in Personalunion: Hinrich Lohse, in: Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Nationalsozialistische Herrschaftsorganisationen in Schleswig-Holstein, Kiel 1996, S. 23–44; Dieckmann 2011, Bd. 1, S. 453–456; Bd. 2, S. 794ff., S. 1039ff.; Gräfe, Karl Heinz: Vom Donnerkreuz zum Hakenkreuz. Die baltischen Staaten zwischen Diktatur und Okkupation, Berlin 2010, S. 436; Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/M. 2003; Lubowitz, Frank: Lohse, Hinrich, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 15, Berlin 1987, S.139–140 (abrufbar unter http://daten.digitale-sammlungen.de); VEJ 2011, Bd. 7/ Dokumente 256, 261, 283

https://de.wikipedia.org/wiki/Hinrich_Lohse
http://www.izrg.de/projekt-9.html
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-29195019.html
http://www.vilnaghetto.com (Foto)

Foto: Kluvik Archives, Chronicles of the Vilna Ghetto, Ghetto Criminals