Guglielmo "Willy" Jervis, geboren am 31. Dezember 1901 in Neapel, war ein evangelischer Christ mit britischen und waldensischen Wurzeln. Ab 1935 arbeitete er als Ingenieur bei der Firma Olivetti in Ivrea.
Als überzeugter Antifaschist ging er unter dem Kampfnamen Willy sofort nach dem 8. September 1943 in den Widerstand, trug selbst aber niemals Waffen. In den Wirren nach der Waffenstillstandserklärung begann er damit, aus Internierungslagern geflohene englische und amerikanische Kriegsgefangene mit seinem Auto über die Grenze in das Tessin zu bringen. Wobei ihm seine ausgezeichneten englischen Sprachkenntnisse zugute kamen. Und als guter Berggänger – er hatte diverse 4.000er bezwungen und war daraufhin in den italienischen akademischen Alpenverein (C.A.A.I.) aufgenommen worden – führte er Gruppen von Juden mit vorher eigens gefälschten Ausweispapieren über die grüne Grenze in die sichere Schweiz. Seine Missionen als Grenzgänger, die ihm später zum Verhängnis wurden, beinhalteten auch die Übermittlung von Nachrichten zwischen dem Hauptquartier des CLN und Allan Dulles, dem Gesandten des amerikanischen Geheimdienstes OSS (Office of Strategic Services). Die Treffen, bei denen Informationen ausgetauscht und die ersten alliierten Versorgungsabwürfe über piemontesischem Gebiet geplant wurden, fanden in Lugano statt. Für den Fall von Kontrollen durch die Faschisten war Willy Jervis bei seinen Fahrten stets mit einem Passierschein der Firma Olivetti ausgestattet.
Am 11. März 1944 wurde er kurz vor Torre Pellice mit Resistenza-Unterlagen im Gepäck verhaftet. Unter dem Verdacht der Spionagetätigkeit im Auftrag der Alliierten wurde Jervis nach ersten Folterungen in der Kaserne von Luserna in die Carceri Nuove nach Turin überführt. Weder die Beziehungen der Familie Olivetti noch anderer angesehener Freunde konnten ihn retten: Willy Jervis wurde am 5. August 1944 zusammen mit vier anderen Gefangenen auf einem LKW nach Villar Pellice gefahren und dort erschossen. Ihre Leichen wurden auf dem Dorfplatz an Balkone und Straßenlampen gehängt. Willy Jervis konnte später nur anhand der neben ihm liegenden Bibel identifiziert werden.
In vielen Orten des Piemont, vor allem in den Waldensertälern rund um Torre Pellice und in Ivrea, wurden Straßen nach Willy Jervis benannt; zwei Berghütten im Piemont tragen seinen Namen, eine auf den Hochebene Conca del Prà, die andere im Orcotal nahe Ceresole Reale.
Literatur / Medien:
Bade, Sabine/ Mikuteit, Wolfram: Partisanenpfade im Piemont. Wege und Orte des Widerstands zwischen Gran Paradiso und Monviso. Ein Wanderlesebuch. Konstanz 2018, S.96; Tibaldo, Lorenzo: Quando suonò la campana. Willy Jervis (1901–1944), Turin 2005