Die brutale Ermordung der 642 Einwohner des friedlichen Dorfes Oradour-sur-Glane – darunter Frauen und Kinder – ist ein weltweites Symbol für die menschenverachtende und schmutzige Seite der deutschen Besatzung in Frankreich. Die Blutspur anderer Gräueltaten führte zu diesem Verbrechen von SS-Leuten gegen Kriegsende am 10. Juni 1944. Schon vorher gab es Massaker und zwar auch durch Wehrmachtseinheiten. So z.B. im Mai 1940 in Oignies und Courrières (Pas-de-Calais), wo 114 Personen getötet wurden. Oder in Chasselay bei Lyon, wo französische Soldaten aus Schwarzafrika nach ihrer Gefangennahme, offenbar aus rassistischen Motiven, umgebracht wurden.
Brutalisierung der „Partisanenbekämpfung“
1943/44 (Kriegswende, zunehmender Widerstand, erwartete alliierte Landung) verschärfte die Wehrmacht den Kampf gegen die Résistance mit militärischen Mitteln. Im Sperrle-Befehl und einem Befehl des Militärbefehlshabers von 1944 wurde ein Vorgehen mit „unnachsichtiger Härte“ gegen die „Banden“ gefordert. Soldaten und SS-Angehörige wurden praktisch von allen Sanktionen freigestellt; auch wenn Widerstandskämpfer nach ihrer Gefangennahme oder unbeteiligte Zivilisten bei sog. „Säuberungsaktionen“ erschossen wurden. Die sog. Banden- oder Terroristenbekämpfung richtete sich vordergründig gegen die Maquisards. Aber man machte Jagd auch auf Juden, STO-Verweigerer und terrorisierte die Zivilbevölkerung, „um ihnen die Lust auszutreiben, Widerstandskämpfer ... zu schützen“.
Terror gegen Zivilbevölkerung
Im Frühjahr und Sommer 1944 zogen Wehrmachts- und SS-Einheiten eine blutige Spur mit willkürlichen Festnahmen, Hinrichtungen, Plünderungen und Anzünden von Höfen und Dörfern. Z.B. wurden die Dörfer Dortan und Rouffignac angezündet, im Vercors im Juli 1944 ca. 200 Dorfbewohner umgebracht. Vor und nach der alliierten Landung in der Normandie setzte die Wehrmachtsführung auch SS-Einheiten mit Erfahrungen aus dem „Vernichtungskrieg im Osten“ ein. Am 9. Juni 1944, einen Tag vor Oradour, erhängten SS-Einheiten in Tulle 99 junge Männer öffentlich an Laternenpfählen und Balkons. Kurz vor der Befreiung wurden 124 Einwohner (darunter 44 Kinder) von Maillé getötet und das Dorf in Brand gesteckt, am 4. August 40 Menschen in Gouesnou/Penguérec (Finistère) erschossen und am 29. August 86 Einwohner von vier Dörfern im Saulx-Tal (Meuse).
Gedenken
Die Massaker sind noch tief im Bewusstsein verankert. In vielen Orten finden an dem Jahrestag Gedenkzeremonien statt. Nur wenige Verantwortliche für diese grausamen Kriegsverbrechen haben sich vor Gerichten verantworten müssen (vgl. Strafverfolgung).
Literatur/Medien
Dictionnaire historique de la Résistance, Paris 2006, S. 780f.
Lieb, Peter: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, München 2007, S. 518, 574–580.
Meyer, Ahlrich: Die deutsche Besatzung in Frankreich 1940–1944. Widerstandsbekämpfung und Judenverfolgung, Darmstadt 2000, S. 128ff., 149ff.
http://fr.wikipedia.org/wiki/Liste_de_massacres_perpétrés_par_les_forces_allemandes_en_France_durant_la_Seconde_Guerre_mondiale