Ona Šimaitė ca. 1920 (Yad Vashem)Ona (Anna) Šimaitė, geboren am 6. Januar 1894 in Akmenė, von Beruf Bibliothekarin an der Universität Vilnius, rettete während der deutschen Besatzung von 1941 bis 1944 zahlreichen Juden im Ghetto und in Arbeitslagern das Leben. Nach Einrichtung des Ghettos begann sie unter dem Vorwand, Bücher aus dem Ghetto zu requirieren, Lebensmittel und kleine Waffen in das Ghetto und wertvolle Manuskripte und Dokumente aus dem Ghetto zu schmuggeln, darunter die Aufzeichnungen von Grigorij Schur. Sie versteckte die Manuskripte u.a. unter den Dielen in der Universitätsbibliothek und rettete sie so vor der Vernichtung. Sie diente den Ghetto-Bewohnern auch als Kurierin, gründete ein illegales Hilfsnetz zur Rettung jüdischer Kinder, die sie bei litauischen Familien unterbrachte, versteckte Verfolgte vorübergehend in ihrer Wohnung und besorgte gefälschte Papiere. Im April 1944 wurde sie von der Gestapo verhaftet und schwer gefoltert, die Zahlung eines Lösegelds durch nichtjüdische, intellektuelle Freunde und der Einsatz der Universität rettete sie vor der unmittelbaren Exekution. Ona Šimaitė überlebte die Deportation in das KZ Dachau und ein Internierungslager in Südfrankreich. Nach der Befreiung arbeitete sie als Bibliothekarin in Frankreich, verbrachte die Jahre von 1953 bis 1956 in Israel und starb am 17. Januar 1970 in Paris. 1966 wurde sie von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt, 2015 ehrte sie die Stadt Vilnius durch die Benennung einer Straße.

 

Ona Šimaitė bewunderte die geistige Kraft der Juden im Ghetto. Sie schrieb: "Man kann sagen, dass ich fast im Ghetto wohnte, und ich kann behaupten, dass andere Völker bei solchen Umständen schon längst physisch und geistig zerbrochen wären. Die in den Ghetto eingesperrten Juden waren große Helden, vielleicht ohne selbst dies zu ahnen" (Atamuk 2000).

(Stand Januar 2020)

 

Literatur / Medien
Atamuk, Solomon: Juden in Litauen. Ein geschichtlicher Überblick vom 14. bis 20. Jahrhundert, hrsg. von Erhard Roy Wiehn, Konstanz 2000, (Zitat S. 194); Guzenberg, Irina: Vilnius. Sites of Jewish Memory. A Concise Guide, Vilnius 2013, (Foto S. 61); Kostanian-Danzig, Rachel: Spiritual Resistance in the Vilna Ghetto, Vilnius 2002, S. 77; Šukys, Julija: Epistolophilia: Writing the Life of Ona Šimaitė, Lincoln u.a. 2012.

https://en.wikipedia.org/wiki/Ona_%C5%A0imait%C4%97
http://db.yadvashem.org/righteous/family.html?language=en&itemId=4017488  (Foto)
http://defendinghistory.com/vilnius-names-street-for-beloved-lithuanian-rescuer-ona-simaite/77166
http://www.holocaustchronicle.org/StaticPages/509.html
http://genocid.lt/Leidyba/15/ATMINTIS.htm

Foto: Yad Vashem The Righteous Among the Nations Database, File Number M.31.2/191