Die deutsche Übersetzung des hebräischen Oneg Schabbat bedeutet „Freude am Sabbat“ und war der Tarnname für das geheime Archiv des Warschauer Ghettos. Während der deutschen Besatzungszeit in Polen wurde dieses von dem polnischen jüdischen Historiker Emanuel Ringelblum gegründet und aufrechterhalten. Im November 1940 entstanden die Anfänge des Archivs. Die Treffen der Mitarbeiter fanden für gewöhnlich samstags statt, daraus entstand der Deckname. Ringelblum war der einzig ausgebildete Historiker. Zum engeren Kreis seiner Mitarbeiter*innen zählten um die zwanzig Menschen aus unterschiedlichen Bereichen, viele von ihnen gehörten der Arbeiterpartei an. Dazu zählten u.a. der Wirtschaftswissenschaftler Hersz Wasser und seine Frau Bluma, der Lehrer und Schriftsteller Eliahu Gutkowski, der Wirtschaftswissenschaftler Menachem Lindner und der Schriftsteller Perec Opoczynski.
Im Archiv wurde von den Mitarbeitern*innen in Zusammenarbeit mit dem Judenrat alles gesammelt, was den Alltag im Ghetto Warschau dokumentierte und für spätere Generationen verwahrt. Das Archivmaterial diente auch als Grundlage für Berichte an den polnischen Untergrund und die polnische Exilregierung in London. Es befindet sich u.a. auch der Briefwechsel des Judenrates mit den deutschen Behörden im Bestand.
Anfang 1942 begannen die Mitarbeiter*innen das Material wissenschaftlich zu bearbeiten. Das Forschungsprojekt hieß „Zweieinhalb Jahre (Krieg)“. Wegen der Nachrichten über die Vernichtungslager führten sie das Projekt allerdings nie zu Ende und legten den Fokus ihrer Arbeit darauf, die Öffentlichkeit über den nationalsozialistischen Massenmord an den Juden zu informieren. Dies geschah durch Sammlung jeglicher Informationen über Liquidierungsaktionen in Form von Berichten überlebender Augenzeugen, verschlüsselter Postkarten usw. Diese Informationen wurden wiederum in Untergrund-Zeitschriften verbreitet und auch an die polnische Exilregierung in London weitergegeben. Das Archivmaterial wurde zur Sicherheit an mehreren Orten im Ghetto versteckt.
Als am 22. Juli 1942 die Deportationen der Warschauer Juden in das Vernichtungslager Treblinka begannen, sicherten die Mitarbeiter des Untergrundarchivs ihre Bestände. Dafür wurden wasserdichte Metallkisten benutzt und diese im Keller einer ehemaligen Schule im Ghetto eingemauert. Die einzigen Überlebenden der engeren Mitarbeiter waren die Schriftstellerin Rachela Auerbach und das Ehepaar Bluma und Hersz Wassser. Nach dem Krieg machten sich diese auf die Suche nach dem Untergrund-Archiv. Im September 1946 wurden die ersten Blechkisten wiedergefunden. Ein großer Teil des Materials wurde dank der sorgfältigen Verstecke nicht zerstört. Das Quellenmaterial des Ringelblum-Archivs wird heute im Jüdischen Historischen Institut in Warschau aufbewahrt. Es besteht aus ca. 1680 Archivposten. Seit 1999 gehört das Archiv zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Materialien sind in Polnisch, Jiddisch, Deutsch und Hebräisch verfasst. Im Archiv der Gedenkstätte Yad Vashem lassen sich einige Dokumente online einsehen.

Literatur/Medien

Hensel, Jürgen: Oneg Schabbat. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos. Ringelblum-Archiv, Warszawa 2003.
Kassow, Samuel D.: Ringelblums Vermächtnis. Das geheime Archiv des Warschauer Ghettos, Hamburg 2010.
Ringelblum, Emanuel: Ghetto Warschau. Tagebücher aus dem Chaos, Stuttgart 1967.
Sakowska, Ruta: Die zweite Etappe ist der Tod. NS-Ausrottungspolitik gegen die polnischen Juden, gesehen mit den Augen der Opfer, Berlin 1993 (Rezension von Jochen August in: Sozialpolitik und Judenvernichtung, S. 168-173).
Yad Vashem: The Oneg Shabbat Archives, online: https://www.yadvashem.org/yv/en/exhibitions/ringelblum/index.asp (Stand: 5.11.2019).
https://www.deutscheundpolen.de/personen/person_jsp/key=emanuel_ringelblum.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Emanuel_Ringelblum