
Kurz vor Kriegsende kehrte er in das RSHA zurück, wurde zur Waffen-SS versetzt und einer SS-Grenadier-Division zugeteilt. Hersmann schloss sich jedoch der aus verschiedenen SD-Einheiten zusammengesetzten und ca. 1.500 Mann starken Kampfgruppe des SS-Oberführers Hans Trummler an, die noch im April 1945 in Bayern zum Einsatz kam. Wenige Tagen vor dem Ende des Krieges wurden auf Befehl Hersmanns noch fünf Bürger aus Altötting erschossen, die zum Sturz des Nazi-Regimes aufgerufen hatten.
Im Juni 1945 wurde Hersmann auf dem Weg zurück nach Thüringen verhaftet und bis August 1948 im amerikanischen Internierungslager Darmstadt festgehalten. Im Jahr 1950 verurteilte ihn das Schwurgericht Traunstein wegen der Altöttinger Morde zu 8 Jahren Zuchthaus, 1954 wurde er begnadigt und die Strafe auf Bewährung ausgesetzt. Nach seiner Entlassung agitierte Hersmann weiterhin als überzeugter Nationalsozialist und fand von Januar bis Oktober 1955 Beschäftigung in der „Stillen Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte e.V.“ in Düsseldorf, einem Verein, der juristische Hilfe für inhaftierte NS-Täter organisierte. Von Februar 1956 bis zu seiner am 29.10.1956 erneuten Verhaftung war er dann bei der Fa. Dietrich Schützler, Industrievertretung in Frankfurt, als kaufmännischer Angestellter tätig. Als einer von zehn ehemaligen Angehörigen des „Einsatzkommandos Tilsit“ musste sich Hersmann im Ulmer Einsatzgruppen-Prozess (1958) für seine Taten verantworten. Hauptangeklagte waren der damalige Polizeichef von Memel, Bernhard Fischer-Schweder, die Leiter der örtlichen Gestapo und des SD, Hans-Joachim Böhme und Werner Hersmann, auch der Leiter der lokalen litauischen Polizei, Pranas Lukys. Nach diesem ersten großen Strafprozess nach dem Krieg erging am 29. August 1958 das Urteil, in dem die Angeklagten Haftstrafen zwischen drei und fünfzehn Jahren erhielten.
Hersmann – von Rudolf Aschenauer, spätestens seit dem Nürnberger Einsatzgruppenprozess 1947/48 als NS-Anwalt bekannt, vertreten – erhielt unter Anrechnung seiner früheren Haftstrafen eine 15-jährige Gefängnisstrafe wegen Beihilfe zum Mord in 1.656 Fällen. In der Urteilsbegründung schloss das Gericht aufgrund der Ermittlungen und Vernehmungen auf Hermanns “eiskalte, nüchterne, herzlose innere Einstellung zu den Säuberungsmaßnahmen zur Tatzeit“ (wikipedia). Hersmann starb im Oktober 1972.
Literatur / Medien
Bazyler, Michael: Holocaust, Genocide, and the Law: A Quest for Justice in a Post-Holocaust World, New York 2016, S. 113-121; Dieckmann 2011, Bd. 1, S. 382ff.; Justiz und NS-Verbrechen, Band XV, Verfahren Nr. 465 (http://www1.jur.uva.nl); Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt/M. 2003, S. 248
https://www.ulm.de/ulmer_geschichte_der_ulmer_prozess.46037.3076,.htm (Foto Hersmann 1958)
https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Hersmann (Auszug des Urteils des Landgerichts Ulm 1958)
http://www.spiegel.de/einestages/ns-prozesse-a-946905.html
http://www.altoetting.de/cms/buergermorde-von-19451.phtml
Foto: "Rechtsanwalt Dr. Rudolf Aschenauer mit dem Angeklagten Werner Hersmann" (Südwestpresse).