Mit der Machterlangung Mussolinis 1922 wurde der bereits seit 1861 betriebene Prozess der Italienisierung – das Aostatal war bei der Abtretung Savoyens an Frankreich als einziges französischsprachiges Gebiet bei Italien verblieben – innerhalb weniger Jahre rigoros vorangetrieben: Bereits Ende 1925 war die Verwendung der französischen Sprache in Schule, Justiz und Presse verboten. Widerstandszirkel, wie das von Émile Chanoux mitbegründete „Jeune Vallée d'Aoste“, konnten sich nur noch im Untergrund für die Bewahrung ihrer valdostanischen Identität einsetzen. Alles nicht-Italienische symbolisierte Verrat am Faschismus; französisch galt als die „Sprache des Feindes“. Französische Ortsnamen wurden ersetzt: Aus Champorcher wurde „Campo Laris“, aus La Thuile „Porta Littoria“ etc.

Das nach dem Überfall auf Frankreich von Émile Chanoux 1941 mitbegründete antifaschistische „Comité Valdotâine de Libération“ (CVL), eine straff organisierte Untergrundorganisation mit guten Verbindungen zum französischen Maquis, arbeitete nach dem Kriegsaustritt Italiens am 8. September 1943 eng mit dem CLN in Turin zusammen. Um die Belange der französisch- und frankoprovenzalischsprachigen Bevölkerung des Aostatals und jene der evangelischen Gemeinden in den Waldensertälern für die Zeit nach der Überwindung des Faschismus festzuschreiben, wurde am 19. Dezember 1943 von Vertretern beider Gruppen die Carta di Chivasso verfasst.
Nach der Ermordung von Chanoux, besonders nach der Befreiung der direkt an das Aostatal angrenzenden Gebiete Frankreichs durch die Alliierten im August 1944, verstärkte sich die Forderung nach einem Anschluss („Rattachment“) an Frankreich innerhalb der valdostanischen Resistenza. Grundlage dafür waren die wiederholt von de Gaulle geäußerten Wünsche nach einer Korrektur der französisch-italienischen Grenze. Zusammen mit anderen Vertretern der anti-annexionistischen Position erwirkte der Historiker Federico Chabod, der bereits an der Carta di Chivasso mitgearbeitet hatte und dessen erklärtes Ziel die Autonomie des Aostatals in einem föderalen Nachkriegs-Italien war, die Zusicherung des CLN auf sprachliche, kulturelle und administrative Autonomie des Aostatals durch die zukünftige Regierung.
Nachdem de Gaulle die Vereinbarungen mit den Alliierten nach der Befreiung unterlaufen hatte und französische Truppen sehr weit auf italienisches Territorium vorgedrungen waren, musste er – um ernsthafte Sanktionen zu verhindern – seine Truppen Mitte Juni 1945 aus dem Aostatal zurückziehen. Zu einem Plebiszit, wie es von Rattachmentbefürwortern gefordert und für das jenseits des Alpenhauptkamms liegende obere Royatal 1947 erfolgreich durchgeführt wurde, kam es im Aostatal nicht. 1948 wurde das Aostatal zur autonomen Region mit Sonderstatus, womit neben weitreichender Autonomie vor allem die Zweisprachigkeit garantiert wurde.

Literatur / Medien:
Presa, Sivana: Le fasi della resistenza in Valle d’Aosta 1943–1945, Aosta 2009; Bauer, Roland, Sprachsoziologische Studien zur Mehrsprachigkeit im Aostatal, Tübingen 1999, S. 5–140 („Allgemein historischer Abriss“); www.fondchanoux.org/lelongparcoursverlautonomie_1_0_517.aspx; www.resvallee.it/chanoux/bio.html¸ fr.wikipedia.org/wiki/Protagonistes_de_l%27autonomie_vald%C3%B4taine