Alois Brunner, Sohn eines Bauern im heutigen Rohrbrunn/Österreich, trat als 19-Jähriger in die NSDAP und die SA ein. Nach Tätigkeiten in Deutschland kehrte er 1938 nach dem „Anschluss“ nach Österreich zurück. Im November wurde er Mitarbeiter der 'Zentralstelle für jüdische Auswanderung' in Wien. Ab 1942 arbeitete er im 'Judenreferat' des RSHA und wurde einer der wichtigsten Mitarbeiter von Adolf Eichmann bei der „Endlösung der Judenfrage in Europa“.
Er war (mit)verantwortlich für die Deportation von jüdischen Menschen aus Österreich, Berlin, Griechenland, Frankreich und der Slowakei. Bereits 1939 hatte er 1000 Wiener Juden in das Ghetto Nisko bei Lublin (Polen) deportieren lassen; in den Folgejahren wurden etwa 47000 Juden aus Österreich in die Vernichtungslager deportiert.
Ab Februar 1943 war er in Thessaloniki zusammen mit Dieter Wisliceny Leiter eines SS-Sonderkommandos zur Deportation der Juden aus der deutschen Besatzungszone Griechenlands; allein aus Thessaloniki und umgebenden Orten wurden 45000 jüdische Menschen deportiert (siehe: Judenverfolgung in Griechenland).
Von Juli 1943 bis August 1944 war er in Frankreich letzter Leiter des Durchgangslagers Drancy bei Paris, er machte Jagd auf Juden in Südfrankreich (wo die Juden im italienischen Besatzungsgebiet bis September 1943 nicht verfolgt worden waren), ließ die jüdischen Kinderheime ausheben und die Kinder in letzter Minute deportieren (vgl. Louveciennes). Bilanz eines Jahres: 22400 Juden wurden in die Vernichtungslager deportiert. Anschließend war er in der Slowakei tätig; von September 1944 bis Februar 1945 wurden auf seinen Befehl über 12000 Juden deportiert.
Nach dem Krieg lebte er unter falschem Namen und setzte sich 1954 nach Syrien ab. Er war Geschäftsmann und arbeitete zeitweise für den Bundesnachrichtendienst (BND). In Frankreich wurde er dreimal in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Er war einer der am meisten gesuchten NS-Verbrecher, wurde aber trotz aller Versuche nicht gefunden. Sein Todesdatum ist bis heute nicht endgültig geklärt.
Literatur/Medien
Brunner, Bernhard: Der Frankreich-Komplex. Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die Justiz in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt am Main 2007, S. 70f., 151ff., 298ff.
Gutmann, Israel / Jäckel, Eberhard / Longerich, Peter (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, 3 Bände, Berlin 1993, S. 244f.
Klarsfeld, Serge: Vichy–Auschwitz. Die Zusammenarbeit der deutschen und französischen Behörden bei der „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich, Nördlingen 1989, S. 241ff., 252ff., 278ff., 315ff.
Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/M. 2003, S.78
https://de.wikipedia.org/wiki/Alois_Brunner
https://fr.wikipedia.org/wiki/Alois_Brunner