Region Piemont / Provinz Novara

Meina - Parco Fratellanza mit Gedenkstein für die in Meina ermordeten JudenDer Ort
Meina, eine Gemeinde mit ca. 2.500 Einwohner/innen, liegt am südwestlichen Ufer des Lago Maggiore, zwischen Stresa und Arona an der SS 33.

Die Ereignisse
Massaker am Lago Maggiore
Zwischen dem 15. September 1943 und dem 11. Oktober 1943 wurden mehrere Orte am piemontesischen Westufer des Lago Maggiore und dessen Umgebung Schauplatz der ersten Massenmorde an Juden in Italien nach dessen Kriegsaustritt und der Besetzung durch deutsche Truppen. 

Ein Bataillon der SS-Leibstandarte „Adolf Hitler“ war von der Ostfront nach Oberitalien verlegt worden und wurde nach der Entwaffnung italienischer Truppen im Gebiet Verona nach dem 11. September 1943 am Lago Maggiore im Wesentlichen in den Gemeinden Meina, Baveno, Stresa, Arona und Intra stationiert. Dort lebten einige jüdische Familien, die teils aus italienischen Städten, teils aus Griechenland Zuflucht vor Verfolgung suchten.
Vom 13. September an verhafteten Angehörige des SS-Bataillons planvoll über 50 Angehörige dieser jüdischen Familien in Baveno, Arona, Meina, Orta, Mergozzo, Stresa, Pian Nava und Novara und hielten sie zunächst in verschiedenen Hotels fest. Einige von ihnen wurden wenig später ermordet und in Massengräbern verscharrt. Über das Schicksal der übrigen Verhafteten entschied eine Offiziersbesprechung am 19. September 1943: Es wurde beschlossen, die gefangenen Juden, Männer, Frauen, Alte und Kinder, zu erschießen und die Leichen im See zu versenken.
GedenksteinDie Ermordung folgte in den Nächten vom 21. bis 23. September. Die Opfer wurden gruppenweise aus den Hotelzimmern geholt, in einem Waldstück in der Nähe von Meina erschossen, von SS-Angehörigen in Säcke und Zeltplanen verpackt, mit Steinen beschwert, in ein Boot geladen und im See versenkt. Als am Morgen danach einige der Leichen an das Ufer geschwemmt wurden, beschwerten SS-Angehörige sie erneut mit Steinen und versenkten sie nochmals im See. Insgesamt konnten 53 Menschen, die diesen Mordtaten zum Opfer fielen, später identifiziert werden. Nur die verhaftete Familie Behar hatte wegen ihrer türkischen Staatsangehörigkeit und auf Intervention des türkischen Konsuls entkommen und sich in die Schweiz retten können. Über das Schicksal der anderen Verhafteten, die nicht unter den Toten gefunden wurden, ist nichts bekannt. Drei ehemalige Obersturmführer des SS-Bataillons (Hans Krüger, Herbert Schnelle, Hans Roehwer) wurden 1968 vom Landgericht Osnabrück wegen Mordes in 22 Fällen, zwei weitere Angehörige des Bataillons (Oskar Schultz und Ludwig Leithe) wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob diese Urteile jedoch 1970 wegen Verjährung der Taten wieder auf.

Im Oktober 1943 ermordeten Angehörige des gleichen SS-Bataillons in Verbania Intra am Lago Maggiore die jüdische Familie Ovazza aus Turin, die beim Versuch ihrer Flucht in die Schweiz im Aostatal abgefangen worden war. Die Leichen der Opfer sind im Heizungskeller der Schule verbrannt worden. Der für die Morde verantwortliche, aus Österreich stammende SS-Obersturmführer Gottfried Meir wurde 1954 in Klagenfurt angeklagt, aber aus Mangel an Beweisen freigesprochen. 

Informationstafel über das Massaker

Gedenken
Parco Fratellanza
Das Hotel Meina gibt es nicht mehr. An seiner Stelle befindet sich heute der Parco Fratellanza, in dem ein kleiner Gedenkstein an die 16 (dort namentlich nicht genannten) Opfer aus Meina erinnert. Der Park liegt an der Strada Sempione 33. (Von Verbania kommend nach einem großem Parkplatz mit Schiffsanlegestelle, hinter dem Hotel Antico Verbania auf der linken Seite zum See). Eine Tafel innerhalb des Grundstücks informiert über die Geschichte der Ermordung der Juden von Meina.

Stolpersteine
Im Januar und August 2015 wurden an der Schiffsanlegestelle von Meina 16 Stolpersteine und eine Stolperschwelle für die Opfer aus dem Hotel Meina verlegt.

Casa della Resistenza
Im Museum „Casa della Resistenza“ in Fondotoce (Verbania) erinnert ebenfalls eine Tafel an das Massaker in Meina.

Literatur / Medien:
Justiz und NS-Verbrechen, Band XXX S. 3 ff.; Klinkhammer, Lutz: Stragi naziste in Italia. La guerra contro i civili (1943–1944). Donzelli, Rom 1997; dort insbesondere das Kapitel „Eccidi programmati sul lago Maggiore“, S. 55-80; Begozzi, Mauro: Scomparsi nel nulla! La prima strage di ebrei in Italia sulle sponde del lago Maggiore, In: Geschichte und Region – Storia e regione, 18. Jg., 2009, Heft 1, Studienverlag Wien/Innsbruck/Bozen, Seite 81 bis 96; Liaty Pisani, Das Tagebuch der Signora, Zürich 2007; La strage dimenticata, Meina Settembre 1943. Interlinea edizioni Novara 2001; Kerstin Freudiger: Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Tübingen 2002, S. 132 ff.; de.wikipedia.org/wiki/Massaker_vom_Lago_Maggiore; de.wikipedia.org/wiki/Ettore_Ovazza