Wilhelm List wurde am 14. Mai 1880 in Oberkirchberg bei Ulm geboren, trat 1898 in die Bayerische Armee ein, absolvierte die Kriegsakademie und diente im ersten Weltkrieg als Generalstabsoffizier. Nach Einsätzen im Ausbildungswesen der Reichswehr und diversen Kommandos, ab 1935 als General, bekam er 1938 nach dem „Anschluss Österreichs“ die Aufgabe, das österreichische Bundesheer in die Wehrmacht einzugliedern. List war an den Überfällen auf Polen und Frankreich beteiligt und wurde 1940 zum Generalfeldmarschall befördert.
List war der Oberbefehlshaber der 12. Armee, die am 6. April 1941 in Griechenland einfiel, und wurde nach der Besetzung des Landes am 9. Juni 1941 als oberster Vertreter der Wehrmacht zum Wehrmachtsbefehlshaber im Südosten (WBSO) mit Sitz in Thessaloniki bestellt. Der Befehlshaber Ägäis-Saloniki, der Befehlshaber Südgriechenland und der Befehlshaber Serbien waren ihm unterstellt. In dieser Funktion gab er am 16. September 1941 den Keitel-Befehl weiter, mit dem im Rahmen von exzessiven „Sühnemaßnahmen“ die Tötungsquote von bis zu 1:100 Geiseln auf dem Balkan eingeführt wurde.
Krankheitsbedingt gab er im Oktober 1941 diesen Posten auf. Am 1. Juli 1942 bekam List den Oberbefehl über die neugebildete Heeresgruppe A im Süden der Ostfront, wurde von diesem Posten zwei Monate später wieder entbunden und danach bis Kriegsende nicht mehr eingesetzt. Im Mai 1945 wurde er von amerikanischen Truppen in Garmisch-Partenkirchen gefangengenommen.
Wilhelm List gehörte zu den 12 Angeklagten des siebten Nachfolgeverfahrens der Nürnberger Prozesse (auch: Fall 7, Geiselmord-Prozess und Prozess Generäle in Südosteuropa), in dem sich Generalfeldmarschälle und Generäle der Wehrmacht wegen Kriegsverbrechen in den besetzten Ländern Jugoslawien, Albanien und Griechenland zu verantworten hatten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass List mit der Weitergabe des Keitel-Befehls, der u.a. die Grundlage für die Massaker von Kraljevo und Kragujevac (Serbien) war, zur Tötung von Geiseln und Sühnegefangenen auch in Griechenland in einem Ausmaß ermächtigte, die das Völkerrecht verbietet.
„Ein Offizier hat nur die dienstliche Verpflichtung, die legalen Befehle, die er bekommt, auszuführen. Jemand, der einen verbrecherischen Befehl erteilt, herausgibt oder durchführt, wird selbst ein Verbrecher, wenn er den verbrecherischen Charakter des Befehls kannte oder hätte kennen müssen. Ein Generalfeldmarschall der deutschen Wehrmacht mit mehr als 40 Jahren Erfahrung als Berufssoldat kannte oder hätte die verbrecherische Natur des Befehls kennen müssen“ (zit. nach Zöller, S. 122).
1948 wurde List wegen der Anklagepunkte 1 (Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Massenmord) und 3 (Ausgabe völkerrechtswidriger Befehle) vom Nürnberger Militärgerichtshof zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
Im Zuge der Amnestie, die der amerikanische Hohe Kommissar John McCloy am 31. Januar 1951 für inhaftierte Verurteilte der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse erließ, wurde die lebenslängliche Haftstrafe für List erneut bestätigt. Er wurde jedoch im Oktober 1952 aus dem Landsberger Kriegsverbrecher-Gefängnis aus der Haft entlassen.
Wilhelm List starb am 16. August 1971 in Garmisch-Partenkirchen.
Literatur / Medien:
Nessou, Anestis: Griechenland 1941-1944, Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung - eine Beurteilung nach dem Völkerrecht, Göttingen 2009; Zöller, Martin / Leszczynski, Kazimierz (Hg.): Fall 7. Das Urteil im Geiselmordprozess, Berlin 1965; de.wikipedia.org/wiki/Prozess_Generäle_in_Südosteuropa; de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_List