Max Merten, geboren am 8. September 1911 in Berlin, trat 1937 in die NSDAP ein und wurde nach Abschluß seines Jurastudiums 1939 Landgerichtsrat. Im Juli 1942 erfolgte, nach Ernennung zum Kriegsverwaltungsrat, die Versetzung zum Leiter der Abteilung Militärverwaltung beim Wehrmachtsbefehlshaber Saloniki-Ägäis in Thessaloniki. In dieser Funktion presste Dr. Max Merten im Oktober 1942 der Jüdischen Gemeinde 2,5 Milliarden Drachmen und das 300.000 Quadratmeter große Areal des Jüdischen Friedhofs (auf dem heute die Aristoteles-Universität steht) für die Aufhebung der Zwangsarbeitspflicht ab. Diese hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 400 Tote gefordert. Nach dem Eintreffen eines vom Reichssicherheitshauptamt entsandten SS-Sonderkommandos um die SS-Hauptsturmführer Dieter Wisliceny und Alois Brunner, die mit der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ (siehe auch: Judenverfolgung in Griechenland) betraut waren, arbeitete Merten in Thessaloniki mit ihnen Hand in Hand zusammen an der Entrechtung, Enteignung, Ghettoisierung und anschließenden Deportation von über 50.000 Jüdinnen und Juden in deutsche Vernichtungslager. Hagen Fleischer charakterisierte Merten als Mann, der „dem Genozid als gefühl- und tadelloser Bürokrat zuarbeitete und in Saloniki die Mitschuld der Wehrmacht personifizierte“ (Fleischer 2011).

Nach dem Krieg wurde Merten von den Amerikanern verhaftet, die der griechischen Regierung seine Auslieferung anboten, da sich Merten auf der Fahndungsliste des Office National Hellénique des Criminels de Guerre (ONHCG), der Nationalen Hellenischen Behörde für Kriegsverbrechen, befand. Nachdem die Griechen dies abgelehnt hatten, wurde Merten freigelassen, durchlief ein Entnazifizierungsverfahren und arbeitete danach als Rechtsanwalt in Berlin. Wie der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann gehörte Merten der 1952 gegründeten Gesamtdeutschen Volkspartei an.
Als Merten 1957 zur Erledigung privatgeschäftlicher Angelegenheiten nach Griechenland reiste, wurde er verhaftet. Basis dafür war der noch immer gültige Haftbefehl des ONHCG. Am 11. Februar 1959 begann vor einem Sondermilitärgericht in Athen die Verhandlung, in der ihm u.a. die Ghettoisierung, der Raub jüdischen Vermögens, die Deportation und Ermordung der in der deutschen Besatzungszone ansässigen Juden und die Erschießung von insgesamt 682 griechischen Zivilisten als Geiseln in den Jahren 1942-1944 zur Last gelegt wurden (Nessou, S. 418). „Bei diesem Prozeß bestätigten Zeugen nicht nur Mertens tatkräftige Beihilfe zur Judendeportation, sie schilderten auch die diabolische Raffinesse, mit der er die wohlhabende Jüdische Gemeinde vor ihrer Deportation ihres gesamten beweglichen Vermögens beraubte und durch falsche Schutzversprechungen einzelnen Opfern erhebliche Geldsummen sowie Gold und Juwelen abpreßte. Daß er dabei auch kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet hat, gilt als sicher“ (Rondholz 2000).
Das Gericht sprach ihn in 13 von 20 Anklagepunkten schuldig - nicht aber hinsichtlich der Ermordung der deportierten Juden in Auschwitz. Merten wurde am 5. März 1959 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 25 Jahren Zuchthaus verurteilt, von der er wegen massiver Einflussnahme höchster bundesrepublikanischer Stellen lediglich sechs Monate verbüßen musste und danach nach Deutschland abgeschoben wurde (zum Umfang dieser Einflussnahme und den Kampagnen, mit denen Merten nach seiner Entlassung an die Öffentlichkeit ging, siehe: Der Fall Max Merten).
Merten erhielt für die in Griechenland verbüßte Haft Heimkehrerentschädigung. Ein Ermittlungsverfahren beim Landgericht Berlin wurde von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin am 4. Juni 1968 eingestellt. „In der Einstellungsverfügung wird Merten zwar der hinreichende Verdacht der räuberischen Erpressung bescheinigt, aber das bleibt für den Täter folgenlos, denn der Tatbestand ist verjährt; hinsichtlich des Unverjährbaren aber, der Beihilfe zum Mord an über 50.000 Juden, lautet die originelle Formel der Berliner Strafverfolger: Merten habe zwar den von Hitler und seinen Mittätern befohlenen Mord an 40.000 bis 50.000 griechischen Juden aus dem Bereich des Befehlshabers Thessaloniki-Ägäis unterstützt und gefördert, indessen: „Es hat sich kein Anhalt ergeben, daß er von dem Mordplan gewußt oder doch die vorsätzliche Tötung der mit seiner Hilfe gesammelten (sic!) und ausgesiedelten (sic!) Juden als Möglichkeit bewußt in Rechnung gestellt und billigend in Kauf genommen hat.““ (Rondholz 2000).
Max Merten starb am 21. September 1971 in Berlin.

Literatur / Medien:
Fleischer, Hagen: Deutsche „Ordnung“ in Griechenland, in: Droulia u. ders. (Hg.): Von Lidice bis Kalavryta, Berlin 1999, S. 151-223; Fleischer, Hagen: „Endlösung“ der Kriegsverbrecherfrage - Die verhinderte Ahndung deutscher Kriegsverbrechen in Griechenland, in: Frei, Norbert: Transnationale Vergangenheitspolitik - der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2006, S. 474-535; Fleischer, Hagen: Saloniki unter dem Hakenkreuz, Vortrag im Goethe-Institut von Saloniki, 15.03.2011; Nessou, Anestis: Griechenland 1941-1944, Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung - eine Beurteilung nach dem Völkerrecht, Göttingen 2009; Rondholz, Eberhard: Rechtsfindung oder Täterschutz? Die deutsche Justiz und die „Bewältigung“ des Besatzungsterrors in Griechenland, in: Droulia, Loukia / Fleischer, Hagen (Hg.): Von Lidice bis Kalavryta - Widerstand und Besatzungsterror; Studien zur Repressalienpraxis im Zweiten Weltkrieg, Berlin 1999, S. 225-291; Rondholz, Eberhard: Eine längst vergessene Geschichte - Warum Johannes Rau um die Jüdische Gemeinde von Thessaloniki einen so großen Bogen gemacht hat, konkret: Heft 08/2000 (www.trend.infopartisan.net/trd7800/t537800.htm); de.wikipedia.org/wiki/Max_Merten; Spiliotis, Susanne-Sophia: Der Fall Merten und die deutsch-griechische „Aufarbeitung" der Besatzungsherrschaft in Griechenland während des Zweiten Weltkrieges, In: Giebeler, Karl / Richter, Heinz / Stupperich, Reinhard (Hg.): Versöhnung ohne Wahrheit? Deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland im Zweiten Weltkrieg, S. 68-77