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Chełm

Woiwodschaft Lublin/Wojew. Lubelski

Basilika auf dem Hügel über der Stadt: Quelle: wikipedia, gemeinfrei

Der Ort
Stadt von 61.588 Einwohner*innen (2019) im Südosten von Polen nahe der Grenze zur Ukraine.
Die Stadt ist früher durch den Abbau und Handel mit Kreide zu etwas Reichtum gekommen; heute ist ein zwei km langer Kreidestollen zu besichtigen (Eingang unter der Basilika). Bahnhof Chelm Miasto, von Lublin stündlich ca. 1.30 Std. Mit dem Auto vom Lublin 70 km (S 12 Richtung Kranystaw bis Rejowiecka, dort DK 12/E 373).

Die Ereignisse
Im Jahr 1939 waren von den 34000 Einwohner/innen Chelms 44 % jüdisch, über 50 % römisch-katholisch (Polen), eine Minderheit orthodox (Ukrainer). Heute leben nur noch einige Juden in der Stadt.

Besatzung
Die Stadt wurde am 27. September 1939 zunächst von der Roten Armee besetzt; sie zog sich nach der endgültigen Festlegung der deutsch-sowjetischen Grenze hinter den Bug zurück. Hunderte jüdische Einwohner*innen nutzten ihre Zusage, mit ihnen zu kommen und ihre Habseligkeiten mitzunehmen.

Ab 7. Oktober 1939 besetzte die Wehrmacht Chełm. Die deutschen Besatzer – SS, Gestapo, Wehrmacht - begannen bald mit Übergriffen, Hausdurchsuchungen, Schlägen, Festnahmen und Zwangsmaßnahmen, täglich wurden jüdische Menschen zur Zwangsarbeit abgeholt, z.B. Straßenbau, Wasserbau, Torfstechen. Oder sie mussten Gold, Wolle, Pelze u.a. abliefern (Wewryk, S. 11ff.). Im Dezember bestellten die Deutschen einen Judenrat, der nach der Errichtung des Ghettos einen jüdischen Ordnungsdienst mit etwa 150 'Polizisten' bilden musste.

ehem. Synagoge (heute Restaurant); Quelle: m.wikipedia.pl Erinnerung an 'Todesmarsch';  Foto: http://chelm.freeyellow.com

„Todesmarsch“ nach Hrubieszow und Sokal

Für den 1. Dezember hatten die Deutschen alle jüdischen Männer zwischen 16 und 65 Jahren auf den Pletzl (Marktplatz der Altstadt; heute auf der ul. Lubelska) bestellt. Etwa 1000 Männer kamen – nach vielen Diskussionen, Hin und Her (s. Wewryk, S. 23-26). Unterwegs zum Nachbarort Hrubieszów (etwa 50 km) wurden schon viele erschossen. In Hrubieszów waren ebenfalls um die 1000 Männer versammelt worden. Zusammen wurden sie zum Grenzfluss Bug geführt und gezwungen, den Fluss zu überqueren; sie sollten in die Sowjetunion „abgeschoben“ werden. Viele ertranken, als sie durch den eiskalten Fluss schwimmen mussten. Auf der anderen Seite wurden sie von sowjetischen Grenzposten zurückgeschickt. Nur etwa 400 kehrten nach Chełm zurück.

Jüdinnen und Juden, die die Lager oder die Zeit in der Sowjetunion überlebt hatten und nach der Befreiung im Juli 1944 zurückkehrten, versuchten wieder in Chełm Fuß zu fassen. Fast alle verließen nach kurzer Zeit die Stadt, u.a. wegen antisemitischer Vorfälle; von den sieben jüdischen Deportierten aus Chelm, die das Mordlager Sobibor überlebt hatten, blieb nur einer in Polen, die anderen wanderten aus (Hänschen/Kahrs, in: Wewryk, S. 171); K. Wewryk wanderte 1956 mit seiner Familie über Frankreich nach Kanada aus.

In Israel sorgen Überlebende und Angehörige mit Artikeln und Spenden dafür, dass die Erinnerung an die jüdische Bevölkerung und ihr Leiden wachgehalten wird, z.B. über die webseite http://chelm.freeyellow.com/chelm.html .

Gedenkorte
- Chełm – Ghetto
- Chełm – Psychiatrische Klinik
- Chełm - Stalag 319

Denkmal Friedhof symbolische Grabsteine

Literatur/Medien

Gutman, Israel u.a. (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust, Berlin 1993, Band I, S. 279f.
Wewryk, Kalmen: Nach Sobibor und zurück, Berlin 2020
https://sztetl.org.pl/de/stadte/c/41-chelm/99-geschichte/137157-geschichte-der-gemeinde
https://en.wikipedia.org/wiki/Che%C5%82m
https://www.yadvashem.org/yv/en/exhibitions/valley/chelm/index.asp