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Meran

Region Trentino-Südtirol (Alto Adige) / Provinz Bozen (Bolzano)

Die Stadt
Meran (Merano) gehörte bis zu den Friedensschlüssen nach dem Ersten Weltkrieg zu Österreich-Ungarn und wurde danach mit Südtirol italienisches Staatsgebiet. Nach bescheidenen Anfängen Mitte des 19 Jahrhunderts ist die Stadt heute mit über 38.000 Einwohner/innen zu einem touristischen Anziehungspunkt angewachsen. Sie liegt 30 km nordwestlich von Bozen und ist von dort aus mit der Bahn oder auf der Schnellstraße gut zu erreichen.

Die Ereignisse
Synagoge und jüdisches MuseumSüdtirol mit Bozen und Meran war territorialer Bestandteil der nach dem deutschen Einmarsch am 8. September 1943 errichteten Operationszone Alpenvorland. Das von der SS-Sicherheitspolizei sofort eingerichtete „Judenreferat“ ordnete schon am 12. September die erste Verhaftungswelle gegen Juden an, die sich vor allem gegen die jüdische Gemeinschaft in Meran richtete. Von deren Mitgliedern hatte eine große Zahl zwar fliehen können, aber 50 von ihnen waren noch in der Stadt geblieben. Am 16. September wurden 25 von ihnen – begleitet von Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen – verhaftet und über das Durchgangslager Reichenau bei Innsbruck nach Auschwitz deportiert. Mit weiteren Verschleppungsaktionen, die die Opfer auch in das Durchgangslager Bozen-Gries und danach in die deutschen Vernichtungslager brachten, wurde die jüdische Gemeinde von Meran ausgelöscht. Lediglich acht ihrer Mitglieder haben die Verfolgungszeit überlebt. Als Leiter der SD-Außenstelle in Meran ordnete Heinrich Andergassen die Deportation der Meraner Juden an. An der Beraubung, Verfolgung und Deportation der Meraner Juden waren beteiligt der damalige SS-Oberscharführer Karl Tribus, Wilhelm Niedermayer und der frühere Oberst der Wehrmacht, Otto Helfferich, der jüdisches Eigentum beschlagnahmt hatte. Die vom „Judenreferat“ in Bozen angeordneten Verfolgungs- und Deportationsmaßnahmen wurden ganz wesentlich von Südtiroler Angehörigen der SS und des antisemitisch ausgerichteten Südtiroler Ordnungsdienstes (SOD) ausgeführt, unter ihnen auch Meraner Bürger. (Judenverfolgung)

Denkmal im Innenhof des GewerkschaftshausesGedenken
Deportationsdenkmal

Im Innenhof des Hauses Otto-Huber-Str. 36 erinnert ein 1947 errichtetes Denkmal an die Deportation der Meraner Juden. Die Gedenkworte auf der hinter der Statue angebrachten Tafel sind den 45 unschuldigen Opfern gewidmet, die im Keller dieses Hauses „von den nazistischen Eindringlingen ... mit Unterstützung einiger ortsansässiger SOD-Fanatiker“ inhaftiert worden waren und nach ihrer Deportation ermordet worden sind.

Synagoge
Die 1901 eingeweihte Synagoge in der Schillerstraße ist erhalten geblieben. In ihrem Untergeschoss beherbergt sie ein Museum, das die Geschichte der Meraner Juden und deren Verfolgungsgeschichte während der deutschen Besatzungsherrschaft dokumentiert.
(Adresse: Schillerstraße 14, 39012 Meran; Tel. +39 0473 236127; www.meran.eu/de/juedisches-museum-und-synagoge-1901.html;  Info: Schillerstr. 14, Tel. 0473/236127)

Jüdischer Friedhof
Der Jüdische Friedhof liegt, vom Stadtzentrum ausgehend, direkt hinter dem Bahnhof, unmittelbar jenseits der Bahngleise neben dem städtischen Friedhof. Eine Gedenktafel erinnert auch dort an die Meraner Opfer des Holocaust.

Stolpersteine
Im Mai 2012 wurden in Meran 33 Stolpersteine - überwiegend für aus der Stadt in die Vernichtungslager deportierte Jüdinnen und Juden - verlegt.

Steintafel im Hof der Synagoge Gedenktafel auf dem jüdischen Friedhof Inschrift auf der Gedenktafel

Nach 1945
Meran wurde in den Jahren nach der Befreiung der jüdischen Opfer aus den Lagern und Verstecken im Gebiet des besiegten Deutschen Reiches für Tausende Holocaust-Überlebende zu einer Zwischenstation auf dem Weg in die neuen Heimatländer in Palästina oder in Süd- und Nordamerika. Viele von ihnen gelangten auf abenteuerlichen Fußmärschen oder mit getarnten Lkw-Transporten über die Alpenpässe vor allem nach Meran, begleitet und beschützt von der jüdischen Fluchthelferorganisation Brichah, die aus der jüdischen Brigade hervorgegangen war. Diese Brigade hatte in den letzten Kriegsmonaten als Teil der alliierten Streitkräfte in Norditalien gekämpft. In der kurzen Phase 1945 bis 1947 wurden in Meran ungefähr 15.000 jüdische Überlebende von jüdischen Hilfsorganisationen betreut und auf ihre Weiterreise vorbereitet.

Literatur / Medien:
Blum, Howard: Ihr Leben in unserer Hand. Die Geschichte der Jüdischen Brigade im Zweiten Weltkrieg, München 2002; Steinacher, Gerald: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen, Frankfurt/M. 2010 (S. 294 zu Karl Tribus, Wilhelm Niedermayer und Otto Helfferich); Wedekind, Michael: Nationalsozialistische Besatzungs- und Annexionspolitik in Norditalien. 1943 bis 1945. Die Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“ (Militärgeschichtliche Studien. Bd. 38), München 2003, S. 351 ff.
Homepage der jüdischen Gemeinde Meran: www.juedischegemeindemeran.comde.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Meran