Im Oktober 1939 wurden durch einen Erlass Hitlers die westpolnischen Gebiete um Posen/Poznan, und Lodz als Reichsgau Wartheland sowie um Danzig/Gdansk als Reichsgau Danzig-Westpreußen in das Deutsche Reich eingegliedert. Das ostoberschlesische, bisher polnische Industriegebiet um Kattowitz wurde der deutschen Provinz Schlesien einverleibt und Gebiete nördlich von Warschau (Regierungsbezirk Zichenau/Ciechanów) der deutschen Provinz Ostpreußen zugeschlagen. Diese Gebiete wurden völkerrechtswidrig annektiert und als Teil des Großdeutschen Reichs behandelt. Sie bekamen deutsche Behörden, Polizei, Gerichte etc.

Besonders für diese als „Lebensraum“ vorgesehenen annektierten Gebiete hatte Hitler einen „volkstumspolitischen Kampf“ angekündigt. Sie sollten „entpolonisiert“ und „entjudet“ werden. Durch den Massenmord an der polnischen Intelligenz, durch die Massenaussiedlung rassisch unerwünschter Bevölkerungsgruppen in das Generalgouvernement und durch die Massendeportation polnischer Arbeiter zur Zwangsarbeit nach Deutschland sollte das gesamte Gebiet vollständig „germanisiert“ werden.

annektiertes Danzig-Westpreußen; Quelle: wikipedia  annektiertes Wartheland; Quelle: wikipedia

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vertreibungen /Umsiedlungen

In den ins Reich eingegliederten Gebieten Polens begann im November 1939 schlagartig eine rigorose Vertreibung, „Umsiedlung“ oder „Aussiedlung“ genannt. Die Betroffenen wurden in der Regel nachts von der deutschen Polizei aufgefordert, in maximal 30 Minuten das Nötigste zu packen und ihre Wohnungen bzw. Bauernhöfe zu verlassen. Danach mussten die Vertriebenen in Übergangslagern unter primitiven Bedingungen auf ihren Abtransport warten. Die sanitären Verhältnisse waren verheerend, und reichs- wie auch volksdeutsches Aufsichtspersonal schikanierte die Internierten. Nach Tagen oder Wochen wurden diese dann in meist ungeheizten Eisenbahnwaggons in manchmal tagelangen Fahrten ins Generalgouvernement (s.u.) abtransportiert. Dort wurden sie in der Regel ihrem Schicksal überlassen.
Die Auswahl der „auszusiedelnden“ Familien erfolgte in erster Linie nach wirtschaftlichen Kriterien. Bevorzugt vertrieben wurden Besitzer von Industrie- oder größeren landwirtschaftlichen Betrieben, polnische Beamte und sonstige Angehörige des Bürgertums sowie Juden aller sozialen Schichten. Ziel war es, die polnische Gesellschaft ihrer wirtschaftlichen Oberschicht zu berauben. Außerdem sollte Wohnraum für Besatzungsfunktionäre und für die ab dem Spätherbst 1939 in Polen eintreffenden „Volksdeutschen“ aus dem Baltikum und aus Bessarabien beschafft werden. Die unteren sozialen Schichten der ortsansässigen Bevölkerung dagegen sollten als billige Arbeitskräfte für die künftigen deutschen Siedler vor Ort belassen werden.

Bei aller Brutalität verfehlte das Naziregime sein Ziel, die eingegliederten Gebiete zu „deutschem Siedlungsland“ zu machen. Der wichtigste Grund war, dass der jeweils nächste Feldzug Hitlerdeutschlands in regelmäßigen Abständen den Transportraum auf der Eisenbahn verknappte. Deshalb wurden die Abschiebungsaktionen immer wieder für Monate unterbrochen. Außerdem nahmen die Gauleiter Greiser (Warthegau) und Forster (Danzig-Westpreußen) die Abschiebungen ohne Rücksprache mit den Behörden des Generalgouvernements vor. Die dortigen Besatzungsbehörden verweigerten immer wieder die Aufnahme der abgeschobenen Menschen, weil sie keine Möglichkeit sahen und kein Interesse hatten, sie unterzubringen oder zu verpflegen.
Bevor die Umsiedlungen im Frühjahr 1941 eingestellt wurden, waren etwa 365000 Menschen (Polen und Juden) ins Generalgouvernement abgeschoben worden (Kubiak 2015).

Germanisierung

Im Übrigen stellte sich rasch heraus, dass das ökonomische Ziel, die annektierten polnischen Gebiete zu effizienten Bestandteilen der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches zu machen, in Widerspruch zu den Abschiebungen stand. Arbeitskräftemangel wurde zum Dauerproblem. Vor allem aus diesem Grund revidierte die deutsche Besatzungspolitik stillschweigend Hitlers Direktive, wonach es unmöglich sei, Menschen zu germanisieren. Die 1941 eingeführte „Deutsche Volksliste“ sortierte die Bevölkerung nach „rassischen“ Kriterien in vier Kategorien und führte Anreize ein, sich im Zweifelsfall für das „deutsche Volkstum“ zu erklären. Den höheren Lebensmittelzuteilungen stand allerdings die Verpflichtung entgegen, im Fall einer Anerkennung als Deutscher auch in den Krieg zu ziehen.

Kulturell gilt die deutsche Besatzungsherrschaft in den „eingegliederten Gebieten“ als wesentlich härter als die im Generalgouvernement. Die polnische Sprache wurde völlig aus der Öffentlichkeit verbannt, Orts- und Straßennamen wurden konsequent germanisiert. In beiden Teilen des besetzten Polen unterlagen die Polen diskriminierenden Sondergesetzen (vgl. Polenstrafrechtsverordnung).

Literatur/Medien
Bömelburg, Hans-Jürgen/Klatt, Marlene (Hg.): Lodz im Zweiten Weltkrieg. Deutsche Selbstzeugnisse über Alltag und NS-Germanisierungspolitik in einer multiethnischen Stadt. Osnabrück 2015
Kubiak, Jacek (Hg.), Vertriebene 1939, Poznań 2015
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Besetzung_Polens_1939%E2%80%931945