In Yad Vashem wurden 892 Menschen aus Litauen mit der Auszeichnung "Gerechte unter den Völkern" geehrt (Stand April 2016), in Litauen zwischen 1992 und 2016 1.390 mit einer Medaille für Lebensrettung. Es sind vermutlich viel mehr, denn an der Rettung eines Einzelnen oder einer jüdischen Familie waren oft Dutzende von Personen beteiligt. Unter ihnen waren Litauer, Weißrussen und Polen, die unter ungeheuren Schwierigkeiten Leben retteten und dabei sich selbst und das ihrer Angehörigen in Gefahr brachten. Viele bezahlten mit dem Leben. In erster Linie waren es Gegner der Deutschen, die Kontakt zur Untergrundbewegung in den Ghettos hatten und halfen, Mitglieder des Widerstands außerhalb der Ghettos zu verstecken und/oder zu den Partisanen zu führen. Es waren aber auch Männer und Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten: Ärzte, Lehrer, Geistliche, Nonnen, Anwälte, Arbeiter, Bauern, Hausfrauen u.v.m. Sie versteckten Juden, besorgten Lebensmittel, fälschten Dokumente, tauften jüdische Kinder. Im Kapital "Edelmütige Retter" seines Buchs "Juden in Litauen" nennt Solomon Atamuk zahlreiche Namen von Retterinnen und Rettern und von ihnen Gerettete. Unter denen, die ihnen ihr Überleben verdankten, befinden sich eine Reihe später bekannter und berühmter Menschen.
Hier sind als Beispiele einige Wenige genannt:
In Kaunas wurden 30 jüdische Kinder aus dem Ghetto in der von dem Arzt Petras Baublys geleiteten Kinderkrippe gerettet, unterstützt von den dortigen Krankenschwestern; die 60-jährige Witwe Julija Serapiniene versteckte in ihrem kleinen Haus in der Kęstučio-Straße gegenüber der Gestapo den Leiter eines Lehrstuhls der medizinischen Fakultät der Universität Vilnius, Lazar Gutman, und jüdische Kinder, kurz vor Liquidierung des Ghettos rettete sie die Kinderärztin Fruma Gurwitch. Helene Holzman und der Augenärztin Elena Kutorgienė verdanken Unzählige Hilfe, Unterstützung und Rettung.
In Vilnius fand die Bibliothekarin der Universität und Retterin Ona Šimaitė Unterstützung bei den Universitätsprofessoren Zigmas Zemaitis, Augustinas Janulaitis, Mykolas Römeris und dem Schriftsteller Kazya Jakubenas. 1941 fanden zeitweise 17 Juden, darunter Mitglieder des Widerstands wie Abba und Michael Kovner, Vitka Kempner Unterkunft im Dominikaner Kloster Pavilinial, Shmerke Kaczerginski wurde von der Polin Wiktoria Gsmelewska, Abraham Sutzkever von Janowa Bartaszewicz, ebenfalls einer Polin, versteckt. 13 Personen, darunter Samuel Bak und seine Mutter, der Arzt Alexander Libo mit Frau und Tochter und der Anwalt Grgorij Jaschunski mit Frau wurden im Benediktinerkloster von dem Priester Juozas Stakauskas, seinem Mitarbeiter Vladas Žemaitis und der Nonne Marija Mikulska gerettet. Nach der Auflösung des Klosters wurde es von dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) als Sammelplatz für geraubte Bücher benutzt, Stakauskas als ehemaliger Archivdirektor mit der Lagerung beauftragt. Vater und Sohn Gdud aus Nemenčinė verdankten ihr Überleben den litauischen Bauernfamilien Gasperowicz und Paszkowski. Der Ingenieur und Schriftsteller Mejer Jelin, gerettet mit seiner Frau und Tochter, die später eine bekannte Pianistin und Pädagogin in der Schweiz wurde, bedankte sich auf einer Veranstaltung 1975 in Tel Aviv bei diesen Retterinnen und Rettern: "...unter den Bedingungen der blutigen Okkupation war für die Juden sogar ein Milligramm Hilfe wie eine Tonne von Menschlichkeit und Selbstaufopferung" (Atamuk 2000).
In der "Fotogalerie der Gerechten unter den Völkern" im Jüdischen Museum in Vilnius befinden sich Porträts von Retterinnen und Rettern, ebenso die Dokumentation von Interviews mit Überlebenden und ihren Rettungsgeschichten. Eine virtuelle Ausstellung des Jüdischen Museums in Vilnius dokumentiert Namen und Geschichte von Retterinnen und Rettern, sowie von geretteten und ermordeten Kindern. (http://www.rescuedchild.lt )
Adresse:
Department for the Commemoration of Rescuers of Jews
Danutė Selčinskaja
Pylimo g. 4, LT-01117, Vilnius
e-mail: [email protected]
Tel.: (+370 5) 261 5729
http://www.muziejai.lt/vilnius/zydu_muziejus.en.htm
Literatur / Medien
Atamuk, Solomon: Juden in Litauen. Ein geschichtlicher Überblick vom 14. bis 20. Jahrhundert, hrsg. von Erhard Roy Wiehn, Konstanz 2000, S. 199-202 (Zitat S. 202); Bak, Samuel: In Worte gemalt: Bildnis einer verlorenen Zeit, Weinheim u. Basel 2007, S. 258, 275; Kibelka, Ruth: Litauen. Verfolgung und Rettung unter deutscher Besatzung, in: Benz, Wolfgang / Wetzel, Juliane (Hg.): Solidarität und Hilfe für Juden während der NS-Zeit, Berlin 1996, S. 273-293.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Gerechten_unter_den_V%C3%B6lkern_aus_Litauen