Der berüchtigte Erlass des Wehrmachts-Oberbefehlshabers West vom 3.2.1944 verschärfte die Partisanenbekämpfung und führte zu Terrormaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung.
Er ist unterschrieben von Feldmarschall Hugo Sperrle als Vertreter von General Rundstedt.
Verschärfung der Befehlslage
Bei Angriffen von Partisanen „ ...wird sofort zurückgeschossen..., Festsetzung sämtlicher in der Nähe befindlicher Zivilisten..., Niederbrennen von Häusern, aus denen geschossen worden ist“. In einem ebenfalls fatalen Zusatz heißt es: „...zu scharfe Maßnahmen können (angesichts der derzeitigen Lage) kein Grund zur Bestrafung sein“, aber „Schlappheit“ werde bestraft.
Dies konnte nur so verstanden werden, dass keiner an Gräueltaten der „Bandenbekämpfung“ Beteiligter disziplinarisch oder gerichtlich zur Rechenschaft gezogen würde. Jedenfalls war der Erlass geeignet, „Mechanismen von übertriebenen und unüberlegten Reaktionen der Truppe in Gang zu setzen“ (wie P. Lieb, S. 265, sehr vorsichtig bemerkt). Das wurde bald durch Mordbrennereien und Massaker bestätigt. Zusammen mit einem weiteren Befehl des Militärbefehlshabers vom 8.6.1944, der „rücksichtslose Härte“ verlangte, führte der Sperrle-Erlass auf den „Weg nach Oradour“ (A. Meyer, S. 147).
Praxis
Das Ziel, die Résistance von der Bevölkerung zu isolieren und noch vor der alliierten „Invasion“ aufzureiben, wurde nicht erreicht. Stattdessen wurde praktisch ein Freibrief ausgestellt, Widerstandskämpfer (auch gefangene) ohne Verfahren zu töten. Vor allem wurde der Terror gegen die Zivilbevölkerung systematisch ausgeweitet, Unbeteiligte als Geiseln genommen, bei „Säuberungsmaßnahmen“ entdeckte geflohene Juden auf der Stelle erschossen, STO-Verweigerer deportiert oder erschossen. Beispiele für die durch den Sperrle-Erlass in Gang gesetzte Gewaltspirale:
die Aktion Brehmer und die anderen „Operationen“ in Südwestfrankreich im Frühjahr und Sommer 1944
die Tötung von 86 Dorfbewohnern in Ascq/Nordfrankreich
die Erhängung von 99 Männern in Tulle
die Massaker von Oradour und Maillé, bei denen auch Frauen und Kinder ermordet wurden,
die Massaker im Vercors.
Aufarbeitung
Der Sperrle-Erlass war Beweisdokument im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess. Im sog. OKW-Prozess, in dem auch Hugo Sperrle angeklagt war (und freigesprochen wurde), war er nicht Gegenstand der Anklage.
Literatur/Medien
Lieb, Peter: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, München 2007, S. 263ff.
Meyer, Ahlrich: Die deutsche Besatzung in Frankreich 1940–1944. Widerstandsbekämpfung und Judenverfolgung, Darmstadt 2000.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hugo_Sperrle (der Erlass wird nicht erwähnt)