Napoleon Zervas, 1891 bei Arta/ Epirus geboren, seit 1916 an diversen Putschversuchen aktiv beteiligt, wurde 1935 als Oberst, der sich später gern „General“ nennen ließ, aus der griechischen Armee entlassen. Noch unter Alexandros Koryzis (dem Nachfolger von Metaxas) war Zervas als „potentieller Unruhestifter“ (Fleischer, S. 95) inhaftiert, wurde aber nach dem Einfall der deutschen Truppen freigelassen.
Im September 1941 wurde er bei Gründung der republikanischen EDES (Griechischer Nationaler Republikanischer Bund) deren militärischer Führer. Ab Mitte 1942 stellte Zervas mit britscher Militärhilfe im Epirus Partisaneneinheiten gegen die Besatzung auf; seine straff auf ihn ausgerichtete Formation nannte sich offiziell „Nationale Gruppen Griechischer Andarten“ (EOEA, findet sich in der Literatur aber meist als „EDES“). Zervas beteiligte sich zwar zusammen mit der ELAS an der britischen Militärmission der Sprengung des Gorgopotamos-Eisenbahnviadukts auf der Strecke Athen - Thessaloniki am 25. November 1942, lehnte aber eine weitergehende Zusammenarbeit ab. Im Frühjahr 1943 schickte der Republikaner Zervas auf Drängen der Briten König Georg II. eine opportunistische Ergebenheitsadresse, in der er verlautbarte, dass er der erste sein würde, der den König in Griechenland willkommen heißen werde, auch ohne vorheriges Plebeszit (Meyer, S. 514). Im Zuge der britischen Operation Animals, die Vorbereitungen für eine alliierte Landung in Griechenland vorspiegeln und von jener auf Sizilien ablenken sollte, war mit dem National-Band-Agreement im Juli 1943 ein gemeinsames militärisches Hauptquartier von ELAS, EDES und EKKA eingerichtet worden, das, von den Alliierten als Teil ihrer Streitkräfte anerkannt, zahlreiche Anschläge insbesondere auf die Nachschubwege der italienischen und deutschen Truppen verübte. Um sich dann aber im Kampf gegen die von ihm mal als anarchistisch, mal als kommunistisch, stets aber als antinational bezeichnete EAM/ ELAS den Rücken freizuhalten, ging Zervas nach dem Kriegsaustritt der Italiener mit der deutschen Wehrmacht (General Hubert Lanz) ein Stillhalte-Abkommen (meist gentlemen's agreement genannt) ein: Keine Feindseligkeiten zwischen der EDES und der Wehrmacht, Zusammenarbeit gegen die kommunistischen Banden (Richter, S. 187). Da die ELAS von den Abmachungen (später auch Waffenlieferungen etc.) erfuhr, wurde damit - parallel zur von den Deutschen betriebenen Aufstellung der sogenannten „Sicherheitsbataillone“ - ein weiteres Instrument zur Spaltung der griechischen Bevölkerung eingesetzt. Das gentlemen's agreement hielt mit kurzen Unterbrechungen bis zum Abzug der deutschen Truppen: „Heeresgruppe E Saloniki gibt soeben Presseanweisung durch, [daß] jede Pressepolemik gegen Zervas einzustellen sei. Gebot der Stunde sei Zusammenwirken aller nationalen Kräfte gegen Kommunismus“ (zit. nach Bundesarchiv S. 360, aus dem Telegramm von Kurt-Fritz von Graevenitz an den „Sonderbevollmächtigten des Auswärtigen Amtes für den Südosten“ Hermann Neubacher vom 3. September 1944 über Bemühungen um eine antikommunistische Einheitsfront in Griechenland).

In der Übergangsregierung von Dimitrios Maximos (24. Januar - 29. August 1947) war Zervas Minister für öffentliche Ordnung, obwohl bereits bekannt war, dass er mit den ehemaligen Besatzern kooperiert hatte. In dieser Funktion legte er die Definition, wer ein „Staatsfeind“ sei, so eng aus, dass sich auch enge, ehemalige Mitstreiter vor seiner Verfolgung ins Ausland retten mussten. „Es gab Massenverhaftungen, Massendeportationen und Massenhinrichtungen. Im Mai und Juni stieg die Zahl der Exekutionen in ganz Griechenland ständig an. Gleichzeitig wurde der öffentliche Dienst von all jenen gesäubert, die nicht stramm rechts waren. [...] Am 20. Juni berichtete die Greek News Agency, dass zwischen Juni 1946 und Juni 1947 300 Personen exekutiert worden seien. Über 1.300 Todesurteile seien verhängt worden“ (Richter, S. 272).
Napoleon Zervas starb am 10. Dezember 1957 in Athen.

Literatur / Medien:
Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941 - 1945), Dokumentenauswahl und Einleitung von Martin Seckendorf unter Mitarbeit von Günter Keber, Jutta Komorowski, Horst Muder, Herbert Stöcking und Karl Übel, Berlin 1992; Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte – Griechenland 1941-1944, Frankfurt/M. 1986; Meyer, Hermann Frank: Blutiges Edelweiß. Die 1. Gebirgs-Division im Zweiten Weltkrieg. Links, Berlin 2008, S. 508-524; Richter, Heinz: Geschichte Griechenlands im 20. Jahrhundert Band 2 1939-2004, Ruhpolding 2015; Richter, Heinz: General Lanz, Napoleon Zervas und die britischen Verbindungsoffiziere, In: Militaergeschichtliche Zeitschrift, Volume 45 (1989), Issue 1, S. 111–138; de.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Zervas; de.wikipedia.org/wiki/EDES