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Repression (Annecy)

Ereignisse

Das Erstarken der Résistance in Annecy und Umgebung führte zu verstärkter Repression durch die Besatzer und ihre Helfer, die Milice, die Spezialpolizei SPAC. Die Vichy-Regierung verhängte auf deutschen Druck im Januar 1944 den Ausnahmezustand über das Departement Haute-Savoie, vor allem um der Aktivitäten auf und um die Glières Herr zu werden. Die frz. Milice verhaftete am 13. März 1944 bei einer Razzia 107 Personen, die sie wegen Überfüllung der Gefängnisse auf dem Ausflugsschiff France und dann in dem alten Gefängnis (Palais de l'Isle) einsperrten. Viele von ihnen wurden später u.a. in Saint-Sulpice-la-Pointe (Tarn) inhaftiert, etwa zwanzig in die Konzentrationslager deportiert, elf kamen nicht zurück. Am 23. März 1944 verhaftete die „antikommunistische Polizei“ (SPAC) nach Verrat 24 Jugendliche, die für die kommunistische Jugend  und Front National Flugblätter, Nachrichten, Essensmarken verteilten. Sie kamen zunächst in das Gefängnis der Intendance de Police, wo zu der Zeit etwa 200 meist politische Gefangene inhaftiert waren, und dann in das Saint Paul-Gefängnis in Lyon. Von dort wurden sie am 29. Juni 1944 in das KZ Dachau deportiert, nur elf kamen zurück. 

Im Frühjahr 1944 zählte man 13 Haftorte in Annecy: das Departementsgefängnis; das alte Gefängnis im Palais de l'Isle, erbaut auf einer Insel im Bach Thiou, in dem die Milice zeitweise die Opfer der Razzia vom März 1944 einsperrte; das Schloss der Herzöge von Nemours; die 'Intendance de Police' (überwiegend politische Gefangene); die École Saint-François (deutsche Polizei; viele Widerstandskämpfer aus der Umgebung); die École des Cordeliers (frz. Polizei); Villa des Marquisats (Milice); Villa Martens (Milice); Villa Mary (Residenz von Georges Lelong, Intendant de Police); Villa Schmidt (Sitz der Gestapo), Lager Novel, die Galbert-Kaserne und das Auflugsschiff 'France'.

Palais de l'Isle (altes Gefängnis) Tafel am Carré Saint-François Gedenktafel an getötete Polizisten Gedenkort ex-Galbert-Kaserne dto. Ausschnitt (elf Erschossene) Intendance de Police Gedenktafel an 260 Patrioten Gedenktafeln an vier Opfer

Gedenken

Im alten Gefängnis im Palais de l'Isle, erbaut auf einer Insel im Bach Thiou, sperrte die Milice zeitweise die Opfer der Razzia vom März 1944 ein.

Die Schule École Saint-François wurde von der Gestapo beschlagnahmt. Mehr als 280 Personen, meist Widerstandskämpfer aus ganz Haute-Savoie, wurden hier in den kleinen Zellen eingesperrt und gequält. Die Gebäude wurden abgerissen und 2014 durch das Wohn- und Geschäftszentrum Carré Saint-François ersetzt. Eine Tafel erinnert an die finstere Vergangenheit: „ Das Gebäude wurde während der deutschen Besatzung von September 1943 bis August 1944 von der Gestapo in ein Gefängnis und SS-Garnison verwandelt. Mehr als 280 Patrioten, darunter 23 Frauen, wurden hier eingesperrt und gefoltert. Die meisten gingen in den KZ oder erschossen zugrunde. Nach der Befreiung wurde im Hof ein Massengrab mit sieben Leichen entdeckt.“ (Ecke 17bis Rue de la Gare#Avenue d'Aléry – Nähe Bahnhof).

Am ehemaligen Hauptquartier der Milice (heute: Hôtel de Police – Polizeikommisariat) erinnert eine Tafel an sechs Polizeibeamte, die wegen ihrer Verbindungen zur Opposition bzw. zum Widerstand erschossen wurden oder nach Deportation in einem KZ umkamen (13 Rue des Marquisats, Parkplatzseite).

Teile der Galbert-Kaserne wurden zwischen 1942 und 1944 von den Besatzern als Garnison genutzt (etwa 700 Soldaten der 157. Gebirgsjägerdivision und SS-Männer), von ihnen und der Milice auch als Folter-, Haft- und Exekutionsort. Ein neuer Gedenkort erinnert auf fünf Tafeln an die Geschichte der  - inzwischen abgerissenen - Kaserne der Chasseurs Alpins (frz. Gebirgsjäger), an die Kämpfe auf dem Glières-Plateau 1944 sowie an die elf erschossenen Maquisards vom Corps Franc Simon (Kreuzung Avenue de Genève/Rue André Fumex).

Die Intendance de Police war Teil der Galbert-Kaserne und ab Februar 1944 Sitz der Spezialpolizei SPAC (Antikommunistische Sektion). Sie rekruierte bei der LVF („Legion der frw. Franzosen gegen den Bolschewismus“ und anderen kollaborationistischen Organisationen.  Das Personal , mit Spitznamen „Canadiennes“, zeichnete sich durch extreme Härte und Folter als normales Vernehmungsmittel aus. Mehr als 260 Oppositionelle, Widerstandskämpfer und Geiseln wurden hier gefangengehalten und gequält, die Mehrheit ist in den KZ umgekommen oder erschossen worden.  Die 2010 angebrachte Erinnerungstafel, die eine frühe, kaum noch leserliche Tafel ergänzt,  fasst zusammen:  „Vergessen ist unmöglich! Dieses Gebäude war von Januar bis Mai 1944 Sitz der antikommunistischen Polizei des 'Französischen Staats', furchtbare Repressionsmacht gegen jeden Widerstand. Hier wurden 260 Patrioten .., verhaftet mit Hilfe der (Spezialpolizei) Groupes Mobiles de la Réserve und der Milice gefangen und misshandelt. Zwei Männer sind unter der Folter gestorben. Von hier wurden die Gefangenen zu dutzenden in andere französische Gefängnisse, Erschießungsstätten oder Internierungslager, Vorhöfe der Todeslager, verbracht. Unsere unerschütterliche Dankbarkeit gilt euch jungen Widerständlern, die ihr Nein zum Verrat gesagt habt; euch Älteren, die ihr den Weg der Ehre aufgezeigt habt und euch tapferen Gefährtinnen der Résistance und der Deportation.“ Zwei weitere Tafeln gedenken der Mordopfer John Dujourd'hui, Paul Buhlmann, René Tramier und Pierre Rolandey (1 Rue de l'Intendance; die Tafeln befinden sich  an der Schmalseite Rue Joseph Dessaix).

 

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