Am 25. April 1941 ordnete Hitler mit der Weisung Nr. 28 (,,Merkur“) die Vorbereitungen zum Angriff auf die griechische Insel Kreta an, die zu diesem Zeitpunkt auch Sitz des kurz zuvor aus Athen geflohenen König Georg II. und der griechischen Exilregierung unter Emmanouil Tsouderos war.
Mit der für Mitte Mai 1941 terminierten Besetzung Kretas durch Luftlandetruppen, Fallschirmjägerverbände und mit der Unterstützung der 5. Gebirgs-Division sollten die auf der Insel stationierten Commonwealth-Einheiten (knapp 30.000 Briten, Australier und Neuseeländer) vertrieben werden. Ziel war, damit Nachschubwege abzuschneiden, entscheidende strategische Vorteile für die Kriegsführung im östlichen Mittelmeer zu gewinnen und das Risiko britischer Unternehmungen gegen die von Deutschland genutzten rumänischen Ölfelder zu mindern, die für den geplanten und kurz bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion von kriegswichtiger Bedeutung waren.
Unter dem Kommando von General Kurt Student sprangen die ersten deutschen Fallschirmjäger am Morgen des 20. Mai 1941 bei Maleme, Chania und der Souda-Bucht ab, in weiteren Wellen über Rethymnon und Iraklio. Da die Briten den deutschen Funkverkehr entschlüsselt hatten, waren sie über die Pläne genauestens informiert: Die Deutschen sprangen zum Teil direkt in feindliche Stellungen, viele von ihnen starben bereits während und kurz nach der Landung. Wegen strategischer Fehler bei der Verteidigung der Insel - neben den Commonwealth-Truppen beteiligten sich auch griechische Soldaten (das Gros befand sich noch auf dem Festland) und Gendarmerie unter dem Kommando des neuseeländischen General Freyberg - gelang es den Deutschen nach mehreren Tagen dennoch, den Flugplatz von Maleme zu besetzen, was weitere Unterstützung, u.a. die Landung von Teilen der 5. Gebirgsdivision, ermöglichte. Am 27. Mai fiel Chania, Ende Mai Rethymnon und Iraklio. Truppen des „Achsen-Partners“ Italien besetzten Ende Mai den Osten Kretas.


Schaubild Luftlandeschlacht, WikipediaDie extrem hohen Verluste - von den 13.000 eingesetzten Fallschirmjägern fielen ca. 3.000 - und die erbitterte Gegenwehr der Kreter, die sich wie stets in ihrer Geschichte gegen den Einfall fremder Eroberer wehrten, lösten auf deutscher Seite eine brutale Terrorwelle gegen die Zivilbevölkerung aus.
Nicht belegbare Greuelgeschichten um von Kretern verübte Massakrierungen deutscher Soldaten veranlassten General Julius Ringel bereits am 23. Mai 1941, für die Gebirgsjäger einen ersten Vergeltungs-Befehl zu erlassen:
Ein Meuchelmord an einem Soldaten der Luftwaffe um 22.5.41 hat ergeben, daß die griech. Bevölkerung in Zivil, Uniform, auch in deutscher, an den Kämpfen teilnimmt und Verwundete niederschiesst, niedersticht und Ringe abschneidet, Gefallene schändet und ausplündert. Wo eine griech. Zivilperson mit der Schusswaffe in der Hand angetroffen wird, ist sie sofort zu erschiessen. Desgleichen ist bei Angriffen auf Verwundete zu verfahren.
In Ortschaften sind sofort Geiseln festzunehmen (Männer von 18 - 55 Jahren) und ihnen und der Einwohnerschaft bekanntzugeben, dass im Falle feindl. Handlungen jeder Art gegen die deutsche Wehrmacht sofortige Erschiessung erfolgt. Für jeden Deutschen 10 Griechen, dazu werden die in der Nähe befindlichen Ortschaften angezündet “ (zit. nach Gilbert, S. 29f.).
Diese Greuelgeschichten dienten auch dem Befehlshaber der deutschen Truppen General Kurt Student noch vor deren Untersuchung als Rechtfertigung für seinen auch nach damals geltendem Kriegsvölkerrecht verbrecherischen Befehl vom 31. Mai 1941, mit dem er brutale Vergeltungsmassnahmen an der Zivilbevölkerung anordnete:
„[...] Als Vergeltungsmaßnahmen kommen in Frage: 1.) Erschiessungen 2.) Kontributionen 3.) Niederbrennen von Ortschaften 4.) Ausrottung der männlichen Bevölkerung ganzer Gebiete. [...] Es kommt nun darauf an, alle Massnahmen mit größter Beschleunigung durchzuführen, unter Beiseitelassung aller Formalien und unter bewusster Ausschaltung von besonderen Gerichten. Bei der ganzen Sachlage ist dies Sache der Truppe und nicht von ordentlichen Gerichten. Sie kommen für Bestien und Mörder nicht in Frage. [...]“ (zit. nach Bundesarchiv-Militärarchiv, BA-MA, RH 28-5-4b, Bl. 412f.)
Massaker an der Zivilbevölkerung wie in Alikianos, Kondomari und Sternes begingen deutsche Einheiten auf Grundlage dieses Revanchebefehls oder aus eigenem Rachebedürfnis unmittelbar nach Ende der Luftlanderoperation. Kurz darauf wurden auf Kreta entlang der Straße nach Paleochora, über die u.a. der Abzug der alliierten Soldaten an die Südküste zur Ausschiffung nach Ägypten verlief und die Deutschen auf Widerstand der Kreter getroffen waren, ganze Dörfer als „Sühnemaßnahmen“ zerstört, darunter Kandanos.

Literatur / Medien:
Beevor, Antony: Crete: The Battle and the Resistance, New York 2014; Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn, Berlin 1992; Gilbert, Harald: Das besetzte Kreta 1941-1945, Ruhpolding 2014; Richter, Heinz: Operation Merkur - Die Eroberung der Insel Kreta im Mai 1941, Ruhpolding 2011; Xylander, Marlen von: Die deutsche Besatzungsherrschaft auf Kreta 1941-1945, Freiburg 1989; de.wikipedia.org/wiki/Luftlandeschlacht_um_Kreta