Rozka Korczak wurde im April 1921 in Bieslko (Polen), einem kleiner Ort an der Weichsel, als Tochter eines Viehhändlers geboren. 1934 zog die Familie aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nach Plock (94 km nördlich von Łódź), wo sich Rozka der links-zionistischen Jugendbewegung Hashomer Hatzair anschloss. Nach dem Überfall der Deutschen auf Polen im September 1939 verließ sie ihre Familie und ging nach Warschau, von dort schlug sie sich zu Fuß nach Vilnius, dem vereinbarten Treffpunkt von Hashomer Hatzair Mitgliedern, durch. Sie lernte Vitka Kempner und Abba Kovner, den dortigen Anführer der Gruppe, kennen und erfuhr vom Tod ihres Vaters und der Deportation ihrer Familie.
Da alle jüdischen Organisationen während der sowjetischen Besatzung verboten wurden, arbeitete auch diese Gruppe illegal im Untergrund. Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Litauen im Juni 1941 und der Errichtung des Ghettos in Vilnius im September, schloss sich Korczak im Ghetto dem Widerstand an. Im Januar 1942 verbündeten sich die verschiedenen Widerstandsgruppen im Ghetto zur Fareynegten Partizaner Organizatsye (FPO) unter der Führung von Yitzak Witenberg. Nach der Konfrontation zwischen dem Judenrat mit seiner Warnung vor „kollektiver Verantwortlichkeit“ und der FPO über die von den Deutschen geforderte Auslieferung des Kommandanten Witenberg – der sich schließlich selber stellte, um die Ghetto-Bevölkerung zu schützen – beschloss die FPO unter Witenbers Nachfolger Abba Kovner, ihre Aktivitäten nun auf den Partisanenkampf in den Wäldern zu konzentrieren.
Im Ghetto hatte sich Rozka Korczak um Waisenkinder gekümmert und in der Ghetto-Bibliothek gearbeitet. Am Tag der Ghetto-Liquidierung am 23. September 1943 verließ sie zusammen mit ca. 90 FPO-Mitgliedern das Ghetto durch die Kanalisation. Am verabredeten Ausgang wurden sie von Sonia Madeysker und Vita Kempner in kleinen Gruppen in die im Lager Kailis und HKP vorbereiteten Verstecke gebracht. Ihre Gruppe mit Abba Kovner erreichte unter Führung von Kempner am 27. September 1943 die Rudniki Wälder, wo sie die nächsten zehn Monate verbringen sollten. Ihre jüdische Partisaneneinheit „The Avengers“ führte den Kampf und Sabotage Aktionen fort bis zur Befreiung im Juli 1944 durch die Rote Armee.
Nach der Befreiung beteiligte sich Rozka Korczak an der von Kovner gegründeten Fluchtorganisation „Bricha“, deren Mitglieder illegal tausende Holocaust-Überlebende nach Palästina brachten. Dort lebte Rozka Korczak lange Jahre zusammen mit Abba Kovner und dessen Ehefrau Vitka Kempner im Kibbuz Ein Hahoresh. Sie heiratete Avi Marle, mit dem sie 3 Kinder hatte. Die Niederschrift ihrer Erinnerungen Flamme in der Asche 1947 (Erstveröffentlichung) und die Mitherausgabe des zweibändigen Werks Das Buch von den jüdischen Partisanen (alles in hebräischer Sprache) wurden zu einer der ersten Quellen des jüdischen Widerstands in Litauen. Rozka Korczak starb am 5. März 1988, im gleichen Jahr wie Abba Kovner, an Krebs. Die Familien Korczak-Marle und Kovner verband eine tiefe, lebenslange und außergewöhnliche Freundschaft.
Literatur / Medien
Cohen, Rich: Nachtmarsch. Eine wahre Geschichte von Liebe und Vergeltung, Frankfurt/M. 2000; Korczak, Rozka: Jüdische Partisanen in den Wäldern von Narocz/Litauen, in: Lustiger, Arno: Zum Kampf auf Leben und Tod! Vom Widerstand der Juden in Europa 1933–1945, Köln 1994, S. 269–306; Levin, Dov: Fighting Back: Lithuanian Jewry‘s Armed Resistance to the Nazis, 1941–1945, New York 1985; Porat, Dina: The Fall of a Sparrow. The Life and Times of Abba Kovner, Stanford 2010
http://www.deathcamps.org/occupation/pic/vilniuspartisans.jpg (Foto Partisanen)
https://jwa.org/encyclopedia/article/korczak-marla-rozka
http://www.moreshet.org/?CategoryID=368&ArticleID=732 (Foto)
Evaldas Balciunas, der Korczaks Flamme in der Asche ins Litauische übersetzt:
http://defendinghistory.com/why-i-am-translating-rozka-korczaks-vilna-ghetto-memoir