Das heutige Jüdische Museum in Vilnius trägt die offizielle Bezeichnung Vilna Gaon State Jewish Museum (VGSJM). Dies bringt zum Ausdruck, dass das Museum eine staatliche Einrichtung in der Verantwortung des litauischen Kulturministeriums ist.

Geschichte
Ein erstes Jüdisches Museum in Vilnius entstand bereits 1913, gegründet von der damaligen Jüdischen Ethnographischen Gesellschaft. Es wurde 1940 nach der sowjetischen Annexion Litauens verstaatlicht und unter der deutsche Besatzung von 1941 bis 1944 vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg als Lagerraum für geraubte jüdische Kulturgüter genutzt. Zur Sammlung und Sortierung der Bestände aus dem YIVO, der Strashun-Bibliothek, aus Synagogen und jüdischen Schulen rekrutierte der ERR im Februar 1942 Mitarbeiter der Ghetto-Bibliothek. Die Gruppe von Zwangsarbeitern aus dem Ghetto unter der Leitung von Hermann Kruk setzte sich vor allem aus Künstlern und Schriftstellern zusammen – unter ihnen Abraham Sutzkever und  Shmerke Kaczerginski – und wuchs auf nahezu fünfzig Mitglieder an. Sie schmuggelten mit ihrer "Papierbrigade", wie sie sich selbst nannten, wertvolle Dokumente, Handschriften, Bücher und Kunstgegenstände ins Ghetto, die mit Hilfe nicht-jüdischen Freunde und Unterstützer – wie beispielsweise Ona Šimaitė, die als Universitätsbibliothekarin Verstecke unter den Dielen der Universitätsbibliothek einrichtete – wieder aus dem Ghetto herausgeschafft und in der Stadt versteckt wurden. Auf diese Weise wurden große Bestände des jüdischen Kulturguts gerettet. 1944, noch im Jahr der Befreiung Litauens durch die Rote Armee, eröffneten jüdische Überlebende mit den wieder aufgefundenen Dokumente und Kulturgütern erneut ein Museum, das 1949 von den sowjet-litauischen Behörden allerdings wieder geschlossen wurde.

Das Grüne Haus (Foto Privat)

Erst die politischen Umwälzungen in der Endphase der Sowjetunion ermöglichten 1987 die Wiedergründung der Jüdischen Gemeinde. Auf ihren Antrag stellte die letzte sowjet-litauische Regierung 1989 – ein Jahr vor der wiedergewonnenen Selbständigkeit – das Holzhaus in der Pamenkalnio Straße 12, bis dahin Museum der Oktoberrevolution von 1917, für ein neues jüdisches Museum zur Verfügung. Die im Staatlichen Archiv in Vilnius noch vorhandenen, mit dem Stempel des ersten jüdischen Museums versehenen Gegenstände wurden dem neuen Jüdischen Museum übergeben. In der Pamenkalnio Straße befindet sich nach wie vor dieses „Grüne Haus“ als Holocaust Department des heutigen Jüdischen Museums, das 1989 von Überlebenden der Shoah – unter ihnen Rachel Margolis und Rachel Kostanian, der langjährigen Leiterin – aufgebaut worden ist.

 

House of Holerance (Foto Norbert Tukai)

Das Jüdische Museum heute
Nach der 1990 wiedererlangten litauischen Unabhängigkeit wurde das 1915 gegründete jüdische Tarbut Gymnasium in der Pylimo-Straße 4, das unter dem Sowjetregime verstaatlicht worden war, der Jüdischen Gemeinde Litauens zurückerstattet, wo sich seither der Sitz der Jüdischen Gemeinde Litauens befindet, außerdem auch Ausstellungs- und Verwaltungsräume des Museums und die Beratungsstelle der Vereinigung ehemaliger jüdischer Ghetto- und KZ-Häftlinge. Seit 2002 ist das ehemalige Gebäude Naugarduko-Straße 10/2 – zwischen 1919 und 1940 jüdische Volksküche, Konzertsaal, Theater, Trainingsort des Makkabäer-Sportvereins – als „Tolerance Center“ zum Zentrum des Vilna Gaon State Jewish Museums geworden, wo u.a. eine Ausstellung zur Geschichte des jüdischen Litauen und andere wechselnde Ausstellungen zu sehen sind, Konferenzen und Veranstaltungen stattfinden. Es beherbergt auch das 2016 eröffnete „Samuel Bak Museum“ mit Gemälden des aus Vilnius stammenden, heute in USA lebenden jüdischen Malers Bak sowie eine Ausstellung mit Biografien der im Holocaust ermordeten und geretteten jüdischen Kinder. 

Zum Jüdischen Museum gehört auch ein Ausstellungsgebäude am Rande der Gedenkstätte Paneriai. Weitere Abteilungen des Museums befinden sich gegenwärtig im Aufbau. Die Website des Museums gibt nähere Auskunft u.a. zu Öffnungszeiten, aktuellen Ausstellungen und Veranstaltungen.
                                                                                                                                                                                                                                         (Stand Januar 2020)

Literatur / Medien
Guzenberg, Irina: Vilnius. Sites of Jewish Memory. A Concise Guide, Vilnius 2013. S. 74f.
https://www.gedenkstaetten-uebersicht.de/europa/cl/litauen/inst/das-gaon-von-wilna-museum/
https://www.goethe.de/ins/lt/de/kul/mag/20548184.html
https://www.openhousevilnius.lt/en/buildings/52-vilna-gaon-state-jewish-museum-tolerance-centre/ (Foto: Norbert-Tukaj_OHV2018)                                                                                                                                                                              
Adresse
Pamėnkalnio g. 4
01114 Vilnius
Telefon: +370 5 231 2357
E-Mail: [email protected]
Website: http://www.jmuseum.lt/en/