Friedrich-Wilhelm Müller wurde am 29. August 1897 in Barmen bei Wuppertal geboren. Nach Einsatz während des 1. Weltkrieges, zuletzt als Leutnant, wurde er in die Schutzpolizei übernommen. Ab November 1938 war er Bataillonskommandeur im Infanterie-Regiment 105, mit dem er an der Invasion Frankreichs teilnahm. Es folgten Einsätze auf dem Balkan und während des Russlandfeldzugs.
Vom 1. August 1942 (nun Generalmajor) bis zum 15. März 1944 war er Kommandeur der auf der griechischen Insel Kreta stationierten 22. Infanterie-Division. In dieser Funktion verschärfte er u.a. Ende 1942 die Geiselnahme von Zivilisten durch das Aufstellen von „Geisellisten“:
„[...] Dabei ist nach den folgenden Grundsätzen zu verfahren:
a) Geisellisten sind für alle mit Truppen belegten Ortschaften und deren Nachbarorte aufzustellen . ..
b) Als Geiseln sind insbesondere vorzusehen Personen, gegebenenfalls auch weiblichen Geschlechts, die eine deutschfeindliche Haltung bekundet haben oder erwarten lassen. [...]
c) Als Geiseln sind im allgemeinen 1 Prozent der Ortseinwohner, jedoch nicht weniger als 5 und nicht mehr als 150 je Ortschaft vorzusehen. Für flüchtige Geiseln ist die Festnahme von Ersatzgeiseln vorzubereiten ...“ (Bundesarchiv, Dok. 113, S. 219).
Die so nach dem Prinzip der „kollektiven Verantwortung“ auch in Sippenhaft genommenen Frauen und Männer wurden in aller Regel im Geiselhaftlager in Agia bei Chania gefangen gehalten, um nach Anschlägen auf deutsche Einrichtungen entsprechende „Vergeltung“ üben zu können.
Die Vielzahl der unter Müllers Divisions-Kommando vorgenommenen „Sühnemaßnahmen“ - das Niederbrennen vieler kretischer Dörfer wie Ano Viannos und nicht mehr zu beziffernder „auf der Flucht erschossener“ Kreter, die in den entsprechenden Tagesmeldungen oft nachträglich zu „Banditen“ wurden - begründeten den Plan der SOE (Special Operations Executive, britische nachrichtendienstliche Spezialeinheit), ihn zu entführen. Mit der Entführung dieses verhassten hohen deutschen Offiziers sollte neben der Verunsicherung der Besatzungsmacht auch die Widerstands-Moral der Kreter gestärkt werden. Da sich die Vorbereitungen für dieses waghalsige Unternehmen jedoch verzögerten, war Müller bereits von der Insel abberufen, als sich der Plan realisieren ließ. Stattdessen wurde sein noch ganz unbekannter Nachfolger General Kreipe im April 1944 entführt (siehe: Entführung General Kreipes).
Erst am 15. März 1944 von der Insel Kreta abberufen, wurde Friedrich-Wilhelm Müller bereits am 1. Juli 1944 zurückbeordert und übernahm als Nachfolger von Bruno Bräuer die Position des Kommandanten der „Festung Kreta“.
Als sich kurz vor dem Abzug des Großteils der deutschen Besatzungstruppen die Anschläge häuften, erließ Müller Mitte August 1944 die Anordnung zur Durchführung erneuter Vergeltungsmaßnahmen: „Zurückhaltung (...) gegenüber nichtschuldigen Männern, Frauen und Kindern“ sollte laut seinem Befehl nicht geübt werden, Dörfer mit „besonders feindseliger Bevölkerung“ nach ihrer Evakuierung vollständig zerstört und Ortschaften, in deren Nähe Wehrmachtsangehörige überfallen wurden, ohne Vorwarnung beschossen werden. „Durch „scharfes Zupacken“ seitens der Divisionen sollte der griechischen Bevölkerung der Wille der Okkupanten „aufgezwungen“ und gleichzeitig bewiesen werden, daß die Wehrmacht in der Lage sei, ihre Macht auf ganz Kreta durchzusetzen“ (Xylander, S. 125).
Basierend auf diesem Befehl wurde zunächst Anogia zerstört. Es folgten weitere 13 Ortschaften (u.a. Floria, Gerakari, Ano Meros, Vryses, Magarikari). Bis zum 7. September 1944 wurden nach deutschen Angaben „rund 500 Banditen und Banditenhelfer“ erschossen. Britische Beobachter schätzten hingegen die Zahl der Getöteten doppelt so hoch ein.
Am 22. September 1944 - die auf Kreta verbliebenen deutschen Resttruppen zogen sich nach Westen in den Bereich der „Kernfestung“ um Chania zurück - übergab Müller das Kommando an seinen Nachfolger, General Benthag, hatte danach weitere Kommandos (u.a. XXXIV. Armeekorps und LXVIII. Armeekorps) und geriet im April 1945 in britische Gefangenschaft.
Von den Briten wurde Müller nach Griechenland ausgeliefert und hatte sich zusammen mit den beiden anderen „Festungskommandanten“ Andrae und Bräuer als direkt verantwortlich an der Tötung von insgesamt 9.000 Kretern (Rondholz, S. 84) und der totalen Zerstörung von 40 Ortschaften vor einem Athener Sondergericht zu verantworten. Während General Andrae lediglich zu viermal lebenslänglich und zehn Jahren Zusatzstrafe verurteilt wurde (seine Begnadigung erfolgte 1952), wurden Müller und Bräuer am 9. Dezember 1946 zum Tode verurteilt. Im Fall Bräuer sprachen sich die Geschworenen mit drei zu zwei Stimmen für die Todesstrafe aus, im Fall Müller dagegen einstimmig. Beide wurden am 20. Mai 1947, dem sechsten Jahrestag des Beginns der Invasion auf Kreta, in Chaidari bei Athen hingerichtet.
Literatur / Medien:
Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn, Berlin 1992; Xylander, Marlen von: Die deutsche Besatzungsherrschaft auf Kreta 1941-1945, Freiburg 1989; Rondholz, Eberhard: Die Schlacht auf Kreta und der Widerstandskampf unter der deutschen Besatzung von 1941 bis 1945, In: Raeck, Karina: Andartis - ein Monument für den Frieden, Berlin 1995, S. 77-93;