Litauen 1918 – 1944
1918
- Litauen, Lettland, Estland und Polen werden unabhängige Staaten.
- Februar: Litauische Unabhängigkeitserklärung.
- März: Friedensvertrag zwischen den Westmächten und der Sowjetunion, die auf die baltischen Länder verzichtet.
1919
- Bürgerkrieg in den baltischen Ländern zwischen nationalen und revolutionären Verbänden, deutschen Freikorps, ausländischen Interventionstruppen.
1920
- Mai: Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung.
- Juli: litauisch-sowjetischer Friedensvertrag; Anerkennung Litauens durch die Sowjetunion, die das Vilnius-Gebiet Litauen zubilligt.
- Oktober: polnisches Militär besetzt und annektiert Südlitauen mit der litauischen Hauptstadt Vilnius, Kaunas wird provisorische Hauptstadt Litauens.
1922
- August: republikanisch-parlamentarische Verfassung Litauens verabschiedet – Schutz der nationalen Minderheiten (Juden, Polen, Russen, Deutsche).
- März: Anerkennung der polnischen Ostgrenze und de-facto-Anerkennung der Zugehörigkeit der Vilnius-Region zu Polen durch die Westmächte.
1923
- Januar: Litauen annektiert das bis 1919 zum deutschen Ostpreußen, dann international verwaltete Gebiet um ,Klaipėda (Memelland).
1924
- Mai: Westmächte anerkennen die Annexion des Memel-Klaipėda-Gebiets durch Litauen.
1926
- Dezember: Militärputsch und Abschaffung der parlamentarischen Demokratie: Antanas Smetona, Führer der national-konservativen Partei, wird als Präsident eingesetzt und regiert autoritär bis 1940.
1930 ff.
- Zunehmende antisemitische Strömungen und faschistische Tendenzen im Militär, in paramilitärischen Verbänden, in der Öffentlichkeit; Erstarken der rechtsradikal-antisemitischen Organisation „Eiserner Wolf“ unter Augustinas Voldemaras.
1939
- August/September: deutsch-sowjetischer Nichtangriffsvertrag und Grenzvertrag (Hitler-Stalin-Pakt) mit geheimen Ergänzungen: Teilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion, die baltischen Staaten werden der sowjetischen Interessensphäre zugeordnet – damit erhält Moskau freie Hand für die Errichtung von Militärstützpunkten in den baltischen Staaten, auch in Litauen.
- 1. September: deutscher Überfall auf Polen, Fluchtbewegung von Juden aus Polen und Deutschland nach Litauen.
- Oktober: Vilnius-Gebiet wieder unter litauischer Hoheit.
1940
- Juni: Einmarsch der sowjetischen Armee, rasche Einrichtung des Sowjetsystems, Scheinwahlen.
- August: Beitritt der Litauischen Sowjetrepublik zur Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) – beginnende Unterdrückung politischer und kultureller Opposition, Verstaatlichungen, Inhaftierungen, Deportation von „antisowjetischen Elementen“.
1941
- Mai/Juni: Einmarsch der Roten Armee in ganz Litauen, Massendeportationen von ca. 20.000 angeblich/tatsächlich antisowjetischer Personen in sibirische Lager.
- 22. Juni: deutscher Überfall auf die Sowjetunion – Begrüßung der Deutschen in Litauen als Befreier.
- Juni/Juli: provisorische, dann verbotene national-litauische Regierung; Pogrome von litauischen „Aufständischen“ an Juden.
- Beginn der litauischen Kollaboration mit SS und der Besatzungsverwaltung, Bildung litauischer Hilfstruppen, Mitwirkung bei Massenerschießungen von Juden und Kommunisten.
- Juli bis Dezember: Errichtung der großen Ghettos in Kaunas, Vilnius, Šiauliai; Beginn der Massenerschießungen in ganz Litauen sowie von ca. 8.000 aus Deutschland nach Kaunas deportierten Juden.
- Dezember: SS bilanziert über 137.000 getötete Juden und Kommunisten in Litauen; Bilanz der durch Hunger, Krankheiten, Schwerarbeit und Mord umgekommenen sowjetischen Kriegsgefangenen in Verantwortung der Wehrmacht Ende 1941: mehrere 10.000.
1942
- Januar: Bildung der Jüdischen Widerstandsorganisation FPO im Ghetto Vilnius.
- Januar/April: Bildung der kommunistischen Widerstandsgruppe AKO im Ghetto Kaunas und des Bündnisses der zionistischen Widerstandsgruppen.
1943
- Wachsender Widerstand sowjetischer Partisanen, denen sich aus Ghettos und Lagern entflohene Juden anschließen.
- September: nach Himmler-Befehl zur Auflösung der Ghettos Umwandlung des Ghettos Kaunas in ein KZ unter SS-Verwaltung.
- September: Liquidierung des Ghettos Vilnius, Ermordung von ca. 10.000 Gefangenen und Deportation von ca. 20.000 Gefangenen zumeist in KZ- und Arbeitslager in Estland, Lettland, Polen und Deutschland (Deportationen 1943/44).
- „Aktion 1005“: jüdische Häftlinge müssen im Herbst im IX. Fort (Kaunas) Massengräber öffnen und die Leichen verbrennen; der gesamten Gruppe gelingt am 25. Dezember die Flucht, nur wenige überleben; Massensterben sowjetischer Zwangsevakuierter in Lagern um Alytus.
1944
- Januar/April: „Aktion 1005“ in Paneriai, einer Gruppe des Ausgrabungskommandos gelingt durch einen Tunnel die Flucht.
- März: Deportation und Ermordung von jüdischen Kindern und Alten in einer landesweiten Aktion in allen verbliebenen Lagern in Litauen.
- Juli/August: vor dem Abzug der deutschen Besatzung und der Wehrmacht Ermordung tausender Juden und Kriegsgefangener, die in letzten Lagern und Verstecken aufgefunden werden.
- 13. Juli: Befreiung von Vilnius durch die Rote Armee.
- 1. August: Befreiung von Kaunas.
- Im Oktober erreicht die Rote Armee die Ostsee bei Palanga – Ende der deutschen Besatzung von Litauen.
- Zur Opferbilanz der deutschen Kriegs- und Besatzungsverbrechen auf litauischem Boden 1941–1944 gehören: die fast vollständige Auslöschung der jüdischen Bevölkerung Litauens, sowie tausender jüdischer Flüchtlinge und Deportierter aus Nachbarländern; die Vernichtung von etwa 170.000 sowjetischen Kriegsgefangenen durch Hunger, Verelendung, Zwangsarbeit und gezielte Tötung; der Tod tausender Kommunisten und Angehöriger der kommunistischen Jugendorganisation; der Tod zehntausender sowjetischer Zivilisten, die als Zwangsevakuierte nach Litauen getrieben worden waren.
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Der Rückeroberung Litauens durch die Rote Armee folgte die Wiederherstellung der 1940 ausgerufenen Sowjetrepublik Litauen. Nach ersten freien Wahlen in Litauen im Februar 1990 schloss die Anerkennung der litauischen Souveränität durch die Sowjetunion im September 1991 den langen Weg zur Unabhängigkeit ab.
(Siehe auch Sachstichworte: Litauische Geschichte; Sowjetrepublik Litauen; Jüdisches Litauen.)