Mehr als ein Drittel aller griechischen Frauen beteiligte sich aktiv am Widerstand gegen die Besatzung ihres Landes von 1941 bis 1944. Den überwiegenden Anteil bei der Arbeit von Organisationen wie der Vereinigten Panhellenische Jugendorganisation (EPON) und in Hilfsorganisationen wie etwa der Nationalen Solidarität (EA) bewältigten Frauen. Und doch ist ihr Beitrag vor allem innerhalb der im Sommer 1944 auf über 1,5 Millionen Mitglieder starken Widerstandsbewegung der Nationalen Befreiungsfront (EAM) hierzulande nahezu unbekannt. Was nicht nur daran liegt, dass der griechische Widerstand bisher meist unter dem militärisch-bewaffneten Aspekt betrachtet und Frauen (neben Kindern und Greisen) meist nur als Opfer von Massakern an der Zivilbevölkerung dargestellt werden.
Die massive Beteiligung der Frauen am griechischen Widerstand gegen die deutsche Besatzung verschaffte ihnen nach deren Ende - im Gegensatz etwa zu Frankreich (siehe: Frauen in der Resistance) und Italien (siehe: Frauenwiderstand) - weder Anerkennung noch politische Partizipation. Und auch nachdem Frauen in Griechenland 1956 endlich das allgemeine Wahlrecht erhielten, galt es doch bis zum Ende der Obristendiktatur 1974 - das immer häufiger als das eigentliche Ende des Griechischen Bürgerkrieges interpretiert wird -, die frühere Mitarbeit in den Reihen der EAM tunlichst nicht zu erkennen zu geben.
Frauen, die sich am Widerstand gegen die Besatzung Griechenlands beteiligten, kamen aus allen sozialen Schichten des Landes, gehörten sowohl der ländlichen wie auch der städtischen Bevölkerung an. Führungsaufgaben in den diversen Organisationen übernahmen meist Frauen aus der städtischen Mittelschicht, die sich bereits vorher wie Chrysa Chatzivasileiou, Rosa Imvrioti und Maria Svolou im Kampf um das Frauenstimmrecht in Griechenland oder wie Elektra Apostolou in der Arbeiterbewegung engagiert hatten. Dionysia Papadomichelaki baute mit der Nationalen Solidarität ab Mai 1941 das „Rote Kreuz der Resistance“ auf, das sich um die Unterstützung Notleidender kümmerte und eine große Anzahl von Volkskrankenhäusern, Apotheken und Untersuchungspraxen im ländlichen Raum einrichtete. Neben diesen Frauen, die alle der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) angehörten oder ihr nahestanden, beteiligten sich auch königstreue, der gehobenen Mittelschicht angehörende Frauen wie Lela Karagianni, die mit ihrer Bouboulina-Organisation einen Fluchthilfe-Ring aufbaute, am Widerstand gegen die Besatzung.
Die EAM, die sich für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzte (obwohl sich längst nicht jeder Mann mit diesem Ziel identifizieren konnte, und beispielsweise Chrysa Chatzivasileiou und Maria Svolou oft mit den teilweise reaktionären Ansichten ihrer Genossen haderten) und sich damit auch in diesem Aspekt als jene Kraft positionierte, die nicht nur gegen die Fremdherrschaft kämpfte, sondern vehement für eine bessere und gerechtere Gesellschaftsordnung eintrat, ermutigte sie, sich nicht auf karitative, eher weiblich anmutende Aufgaben zu beschränken. Eine anonyme, wahrscheinlich von Chrysa Chatzivasileiou verfasste EAM-Broschüre mit dem Titel Wie die Frau in der Nationalen Befreiungsfront zu arbeiten hat aus dem April 1943 macht das deutlich: In der „direkten revolutionären Aktion“ sollten Frauen „nicht nur in Hilfsfunktionen teilnehmen, sondern vielmehr eine herausragende Rolle spielen“ (zit. nach Fleischer, S. 404). Wirkung zeigten derartige Aufforderungen vor allem bei sehr jungen Mädchen und Frauen, die das traditionelle Rollenverhalten noch nicht verinnerlicht hatten, das die patriarchalische griechische Gesellschaft für sie vorsah.
Die jungen Frauen der EPON publizierten und verteilten nicht nur Flugblätter, kündigten Demonstrationen an, schrieben nachts politische Parolen gegen die Besatzer an die Hauswände, überbrachten klandestine Nachrichten und transportierten Waffen. Sie gingen in die von den ELAS-Partisanen besetzten Gebiete, bauten dort Suppenküchen auf, kümmerten sich um Arme, Kranke und Waisenkinder und leisteten dabei en passant Überzeugungsarbeit für die Ziele des Widerstands. Andere reisten mit Lehrern kreuz und quer durch diese Gebiete und halfen mit, Alphabetisierungskampagnen und Schulgründungen zu initiieren. Sie griffen teilweise auch selbst zu den Gewehren, ließen sich militärisch ausbilden und gingen zusammen mit den Männern „in die Berge“, wo weibliche EPON-Musterbrigaden aufgestellt wurden.
Durch die Verfassung der „Bergregierung“, des Politischen Komitees der Nationalen Befreiung (PEEA) im Pindusmassiv, wurde die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben. Und bei der ersten Wahl, an der sich Griechinnen beteiligen durften (vorher gab es für sie nur ein eingeschränktes Kommunalwahlrecht), wurden im Mai 1944 fünf Frauen in das Parlament des PEEA gewählt (unter ihnen auch Maria Svolou und Chrysa Chatzivasileiou). Was für ältere Frauen, die einen Teil ihres Lebens dem Kampf um das Frauenwahlrecht gewidmet hatten, einen großen Fortschritt darstellte, war für manche der jungen EPON-Frauen kaum relevant. Sasa Tsakiri, eine der von Tassoula Vervenioti interviewten Frauen, berichtete dazu: „Ich wußte überhaupt nicht, dass Frauen nicht wählen konnten. Ich hielt das für selbstverständlich, da wir Gewehre hatten, wir kämpften, wir gingen zu Demonstrationen, wir lebten in der Illegalität [...] Warum sollten wir denn nicht wählen?“ Und eine andere: „Wenn man fünfzehn Tage lang marschierte und im Rücken die Maschinengewehre hatte, was kümmerte es einen da, ob man wählen ging? Man konnte seine politische Meinung auf dem Marktplatz kundtun. Wählen war nichts Besonderes“ (zit. nach Vervenioti, Frauenstimmrecht, S. 123). Diese jungen Frauen hatten bereits viel mehr erreicht als das Stimmrecht.
Dass sie diese im Kampf gegen die deutsche Besatzung Griechenlands erlangten Errungenschaften schon sehr bald wieder aufgeben mussten, ahnte keine von ihnen. An der Gedenkstätte für Iro Konstantopoulou, einer 17-jährigen EPON-Aktivistin, die noch kurz bevor die Deutschen Athen verließen auf dem Schießplatz von Kessariani erschossen wurde, erinnert die Inschrift an die Hoffnungen, die diese jungen Frauen mit ihrem Einsatz verbanden: „Ich sterbe, jetzt, da die Freiheit nah ist“.
Was hingegen als Konsequenz des Vertrages von Varkiza (12. Februar 1945) folgte, erläuterte Maria Veikou, Kapetanissa einer weiblichen EPON-Musterbrigade, in der ARTE-Dokumentation Schattenkampf: „Wir, die wir uns gleichzeitig als Sieger und Besiegte fühlten, gaben unsere Waffen ab, mit Tränen in den Augen.“
Auf der ersten landesweiten Frauenkonferenz im Mai 1946, an der Delegierte der neu formierten Frauengruppen aus verschiedensten Dörfern und Städten teilnahmen, berichteten Frauen über die erschreckenden Lebensbedingungen, denen sie als EPON- oder ELAS-Unterstützerinnen oder auch als Überlebende des KZ Ravensbrück ausgesetzt waren.
Im bald danach ausbrechenden Griechischen Bürgerkrieg wurden EAM und Demokratische Armee (DA), in der annähernd 30 Prozent Frauen kämpften, vernichtend geschlagen. Wem es nicht gelang, über die albanische Grenze zu flüchten, wurde nach obskuren „Sondergerichtsverhandlungen“ teilweise jahrzehntelang in Gefängnisse gesteckt, wo „Umerziehung“, Folter und Erschießungen an der Tagesordnung waren, oder in Lagern auf abgelegenen unbewohnten Inseln gefangen gehalten. Sympathisantinnen der EAM, die diesem Schicksal entgingen, wurden - weil sie sich nicht auf ihre Aufgaben im Heim und am Herd beschränkt hatten - als „Huren“, „unmoralisch“ und „entehrt“ stigmatisiert und der Willkür von rechtsradikalen Terrorbanden, Polizisten und Soldaten überlassen: Folterungen und Vergewaltigungen waren keine Seltenheit. Staatlicherseits wurde von den Frauen die Abgabe einer „Reueerklärung" verlangt, mit der sie ihre Aktivitäten innerhalb der EAM zu verleugnen und die Treue zur griechischen Nation und deren traditionellen Werten unter Beweis zu stellen hatten. Was nichts anderes bedeutete als die Unterwerfung unter die Regeln der patriarchialischen Familie.
Erst im Jahr 1982 wurde - trotz massiver Proteste von rechts - ein Gesetz erlassen, das den Kampf der EAM/ ELAS als Teil des Nationalen Widerstands anerkannte.
Filme:
Eine in den Jahren 2008 bis 2011 entstandene Filmtrilogie der griechischen Filmemacherin Alinta Dimitriou über griechische Frauen im Widerstand lässt Zeitzeuginnen zu Wort kommen. Thema des ersten Teils mit dem Titel Birds in the mire ist die Rolle der Frauen im Widerstand gegen die deutsche Nazi-Okkupation (1941-1944). Among the rocks bezieht sich auf den Zeitraum des Bürgerkrieges in Griechenland (1946-1949). Mit The girls in the rain wird der Frauenwiderstand während der griechischen Militärjunta (1967-1974) thematisiert (alle Filme im Original mit englischen Untertiteln).
Literatur / Medien:
Bolz, Rüdiger / Pavlidou, Theodosia-Soula (Hg.): Lösch nie die Spuren... Die Rolle der Frauen im deutschen und griechischen Widerstand gegen Nationalsozialismus und deutsche Okkupation, Thessaloniki 1999 (mit den historischen Aufnahmen der Frauen); Haan, Francisca de/ Daskalova, Krassimira/ Loutfi, Anna (Hg.): A Biographical Dictionary of Women's Movements and Feminism, Budapest 2006; Hart, Janet: New Voices in the Nation - Women and the Greek Resistance 1941-1964, New York 1996; Hart, Janet: Women in Greek Society, In: Sarafis, Marion/ Martin, Eve: Background to Contemporary Greece, Band 1, London 1990, S. 95-122; Vervenioti, Tassoula: Frauenstimmrecht in Griechenland. Der lange Weg zur Einführung eines politischen Grundrechtes (1941-1956), In: Bandhauer-Schöffmann, Irene (Hg.): Nach dem Krieg - Frauenleben und Geschlechterkonstruktionen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Herbolzheim 2000, S. 119-137; Vervenioti, Tassoula: Left-Wing Women between Politics and Family, In: Mazower, Mark (Hg.): After the War was over - Reconstructing the family, nation and state in Greece, 1943-1960, Princeton 2000, S. 105-121; Weber, Johanna: Gesichter aus dem griechischen Widerstand (mit Kurzbiografien von Tassoula Vervenioti), Athen 1996; Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte – Griechenland 1941-1944, Frankfurt/M. 1986; Chimbos, Peter: Women of the Greek Resistance 1941-45 Against the Axis: An Historical and Sociological Perspective, In: Atlantis: A Women’s Studies Journal, Vol. 28.1 (Oktober 2003), S. 28-35 (journals.msvu.ca/index.php/atlantis/article/viewFile/1261/1160); Arbeitsgruppe Marxismus (Hg.): Andartisses. Der Kampf und die Rolle der Frauen in der griechischen Partisan/inn/enbewegung, Wien 2005